Geschlechterpolitik
Spitzenfrau auf steter Gratwanderung
Margot Klestil-Löffler, Spitzendiplomatin und First Lady mit Handicap
Die Frau weiß, was sie will. Präzise und mit zäher Disziplin verfolgt sie ihre Ziele. Im Beruf und im Privatleben, wobei die Trennlinien zwischen beiden Bereichen kaum auszumachen sind. Keine Wunder, dass sie polarisiert und ihre Leben wie eine Hochschaubahn verläuft. Auf glanzvolle Höhepunkte folgten unvermittelte Abstürze. Jetzt durchmisst sie wieder einmal ein Tief.Margot Klestil-Löffler, von Beruf Diplomatin und aus Passion First Lady Österreichs, wird ab Montag nur noch als Referentin in der Asienabteilung des Außenministeriums tätig sein. Bisher war die Frau des Bundespräsidenten als einflussreiche Abteilungsleiterin im Generalsekretariat für Albert Rohan tätig. Der schätzte so wie viele im Außenamt die Dienste der kenntnisreichen Spitzendiplomatin und hielt schützend seine Hand über sie. Der neuen Generalsekretär Johannes Kyrle hingegen will sich auf keine Konflikte einlassen und verzichtet lieber auf die Kenntnisse von Klestil-Löffler, zumal ihm so der Konflikt mit seiner Ressortchefin Benita Ferrero-Waldner erspart bleibt.
Diese ist auf die First Lady seit jeher nicht sehr gut zu sprechen. Im Haus am Ballhausplatz werden nämlich die diplomatischen Fähigkeiten der "schwarzen Margot" höher bewertet als jene der amtierenden Ministerin, die sich seinerzeit eher als exzellente Kennerin des Protokolls denn als scharfe Analytikerin einen Namen gemacht hat. Der "Kampf der Damen" hat somit etliche Schlagzeilen geliefert. So gab es bereits mehrere Versuche Ferrero-Waldners, Klestil-Löffler wegzuloben. Alle sind fehlgeschlagen, da in der Öffentlichkeit jeder attraktive Posten für die Frau des Bundespräsidenten mit dem Hinweis madig gemacht wurde, es handle sich um eine Protektionsjob. Dass sie nun in die Asienabteilung abgeschoben wird, ist ebenfalls auf den Umstand zurückzuführen, dass sie mit dem Bundespräsidenten verheiratet ist.
Begegnet ist die heute 46-jährige gebürtige Waldviertlerin, die Slawistik und Geschichte studiert hat, Thomas Klestil Mitte der 80er-Jahre zum ersten Mal in Thailand. Damals war Klestil Generalsekretär des Außenamtes und von der jungen Diplomatin so angetan, dass er sie 1988 in sein Team ins Außenamt holte. Als im Präsidentschaftswahlkampf 1991 noch alle glaubten, Klestil sei ein Zählkandidat, war es Löfflers fanatischer Siegeswille, der ihm den Erfolg brachte. Sie übernahm in seinem Wahlkampfstab das Kommando und gab die Befehle aus. Als sie mit Klestil in die Hofburg übersiedelte, machte sie wie im Wahlkampf weiter. Sie übte ihre Macht aus und stieß viele vor den Kopf, bis es Edith Klestil zu viel wurde und sie ihren Mann vor die Entscheidung stellte. Er hat sich entschieden.
DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 12./13.1.2002