Europa
Spanien: 20-Kilogramm-Sprengsatz detonierte vor einem Kaufhaus
Neun Verletzte - ETA übernimmt Verantwortung
Bilbao - Bei der Explosion einer Autobombe im Zentrum der nordspanischen Metropole Bilbao während des Winterschlussverkaufs ist die Stadt nur knapp einem Blutbad entgangen. Neun Menschen wurden nach Presseberichten vom Sonntag am Vortag verletzt, als der 20-Kilogramm-Sprengsatz vor einem Kaufhaus detonierte. Nach Angaben des baskischen Innenministeriums hatte ein anonymer Anrufer die Notdienste am Samstag im Namen der Untergrundorganisation ETA vor dem Anschlag gewarnt. Der Polizei gelang es, innerhalb von 15 Minuten die Geschäfte in dem Einkaufsviertel zu räumen, die wegen des Schlussverkaufs voller Menschen waren. Unter den Passanten brach Panik aus. In dem Warenhaus, vor dem die Bombe explodierte, konnte nur das Erdgeschoss rechtzeitig evakuiert werden. In den anderen Etagen des siebenstöckigen Gebäudes mussten die Kunden und Verkäufer bei herabgelassenen Rollläden die Detonation abwarten.
Die Druckwelle richtete an umliegenden Banken und Läden große Schäden an. "Nur durch ein Wunder ist ein Blutbad verhindert worden", sagte ein Polizeibeamter. Die schnelle Evakuierung der Gegend sei entscheidend gewesen. Ein Sitz des explodierten Autos flog bis auf das Dach des Kaufhauses. Der für den Anschlag benutzte Wagen war wenige Stunden zuvor von zwei bewaffneten Maskierten gestohlen worden. Der Fahrer des Autos wurde von den Terroristen gekidnappt und dann außerhalb Bilbaos gefesselt ausgesetzt.
Der Anschlag brachte Spekulationen über eine angebliche "stillschweigende Waffenruhe" der ETA zum Verstummen. Solche Gerüchte waren aufgekommen, nachdem die ETA in diesem Jahr bis dahin kein größeres Attentat verübt hatte. 2001 waren bei ETA-Anschlägen 15 Menschen getötet und mehr als 100 weitere verletzt worden.
Der mutmaßliche Ex-Chef der ETA, Ignacio Gracia Arregui, kann von Frankreich an Spanien ausgeliefert werden. Ein Berufungsgericht in Versailles habe den Auslieferungsantrag Spaniens genehmigt, berichtete die französischen Tageszeitung "Liberation". Madrid hatte Arregui alias "Inaki de Rentería" unter anderem den gescheiterten Mordanschlag auf König Juan Carlos im Jahr 1995 in Palma de Mallorca zur Last gelegt. Der 45-Jährige Arregui soll die ETA seit 1992 geleitet haben. Er war 2000 in Frankreich festgenommen und wegen Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Spanien hatte zu Jahresbeginn die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union (EU) übernommen. Ministerpräsident Jose Maria Aznar nannte die Bekämpfung des Terrorismus als eines der wichtigsten Ziele der Präsidentschaft.
Die Polizei teilte mit, die Explosion sei so stark gewesen, dass einer der Sitze des Autos, in dem die Bombe deponiert worden sei, auf das Dach des siebenstöckigen Kaufhauses geschleudert worden sei. Mindestens zwei Menschen seien durch umherfliegende Glassplitter verletzt worden. Mehrere Gebäude seien erheblich beschädigt worden. Einem Rundfunkbericht zufolge war die Detonation in der ganzen Stadt zu hören. Die ETA kämpft seit über 30 Jahren für einen unabhängigen Baskenstaat in Nordspanien und Südfrankreich. Dabei wurden mehr als 800 Menschen getötet. (APA/dpa/Reuters)