Salzburg/Klagenfurt - Der Zeitpunkt konnte kaum ungünstiger gewählt werden: Just im von der UNO proklamierten "Jahr der Berge" und während sich Kärnten, Tirol und Salzburg um die internationale Anerkennung des Nationalparks Hohe Tauern bemühen, wärmte der Tourismusverband Bad Hofgastein vergangene Woche rund 25 Jahre alte Seilbahnpläne auf. Sie sehen eine Erschließung des Skigebietes am Mölltaler Gletscher in Kärnten von Salzburger Seite aus vor.

Nach der Präsentation einer neuen Machbarkeitsstudie ist eine Welle des Protestes über die Gasteiner hereingebrochen. Die Gondelbahn würde nämlich direkt über Nationalparkgelände führen.

Zwei Argumente führt die Fremdenverkehrswirtschaft für das Projekt ins Treffen. Durch die Gletscher-Seilbahn auf das rund 3100 Meter hohe Schareck in der Goldberggruppe nahe dem Rauriser Sonnblick würden jährlich bis zu 50.000 neue Nächtigungen erwartet. Zudem mache der Lift das bisher nur über eine Stollenbahn von Kärnten aus erreichbare Skigebiet wesentlich sicherer.

Die Liste der Gegner der Erschließungspläne ist lang. Allen voran ließ der in der Salzburger Landesregierung für den Nationalpark ressortzuständige VP-Landeshauptmann Franz Schausberger ausrichten, dass eine Seilbahn über Nationalparkgebiet keine Chance auf Realisierung habe. Zudem sei das Nationalparkgebiet auch als "Natura-2000-Gebiet" ausgewiesen; es gelte ein "Verschlechterungsverbot", ergänzt Roman Türk vom Naturschutzbund.

Unterstützt wird Schausberger von den Grünen. Landtagsabgeordnete Heidi Reiter warnt nicht nur vor einer "Demontage der Kernzone" des Nationalparkes, sie verweist auch auf den Zustand des Gletscherskigebietes am Mölltaler Gletscher: Dieser schmelze rasant und "ist eher geeignet für einen Lokalaugenschein zum Thema Klimaerwärmung als zum Skifahren".

Bei den Naturfreunden und dem Alpenverein ruft die neu entflammte Diskussion Erinnerungen an die Auseinandersetzung vor rund zwei Jahrzehnten um den Bau der bestehenden Liftanlagen auf der Kärntner Seite wach. Damals demonstrierten Hunderte Alpinisten gegen das Gletscherskigebiet - erfolglos.

Eine klare Absage zu den Plänen kommt auch aus Kärnten. Sowohl Nationalparkreferent Georg Wurmitzer (VP) als auch Umweltreferent Herbert Schiller (SP) betonen die Rolle des Nationalparkes für den Tourismus, dem eine Pionierrolle in der Entwicklung eines naturnahen Fremdenverkehrs zukomme. (neu, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 1. 2002)