Augsburg - Unter starken Sicherheitsvorkehrungen hat am Montag in Augsburg der Prozess eines Anhängers der extremistisch- islamistischen Organisation "Kalifatsstaat" gegen seine Ausweisung begonnen. Die Klage vor dem Verwaltungsgericht richtet sich gegen die Stadt Augsburg, die bereits 1999 die Ausweisung gegen den Türken ausgesprochen und ihm die politische Betätigung verboten hatte. Der 38-jährige Kläger selbst war beim Prozess nicht anwesend. Vor rund zwei Wochen war er in die Niederlande ausgereist und hatte dort einen Asylantrag gestellt. Ob das Verwaltungsgericht noch bis zum Abend eine Entscheidung treffen würde, war bis zum späten Nachmittag unklar. Der Kläger war bayrischer "Gebietsemir" des Verbandes islamischer Vereine und Gemeinden, der als Teilorganisation des "Kalifatsstaates" gilt. Die Stadt hatte ihre Ausweisung damit begründet, dass der Türke wegen eines Mordaufrufs an einem Gegner des Kölner Extremisten Metin Kaplan im Sommer 1996 in Augsburg zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden war. Wenige Tage vor der Haftentlassung des 38- Jährigen im September 1999 erließ sie den Ausweisungsbeschluss. Durch die Klage des 38-Jährigen zögerte sich das Verfahren jedoch hinaus. Anwältin gegen Ausweisung Die Klägeranwältin lehnte die Ausweisung ab. Ihr Mandant müsse mit einem unmenschlichen Gerichtsverfahren und Folter in der Türkei rechnen. Bei dem Verlesen des Mordaufrufs habe er aus religiösem Verständnis heraus gehandelt. Derartige Aufrufe gebe es in der Tradition des Islam schon sehr lange. Außerdem sei er nach seiner Einreise nach Deuschland in den 70er Jahren rund 20 Jahre lang nicht straffällig geworden. Eine Verbindung zu dem mutmaßlichen Terroristenführer Osama bin Laden oder zu den Taliban habe der 38-Jährige nicht. Auch nach den Terroranschlägen in den USA am 11. September seien die Fakten in seinem Fall die selben geblieben. Die Stadt Augsburg und die Regierung von Schwaben betrachten den 38-Jährigen dagegen weiter als Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Mit der Verlesung des Mordaufrufes sei er den Anweisungen Kaplans blindlings gefolgt, sagte ein Vertreter der Stadt vor Gericht. Ein starker Staat wie Deutschland müsse es nicht hinnehmen, dass auf seinem Gebiet Mordaufrufe erklärt und dann auch noch vollzogen würden. Sicherheit des Landes gefährdet Die Ausweisung des Anhängers der islamistischen Organisation "Kalifatssstaat" durch die Stadt Augsburg ist rechtmäßig. Das entschied das dortige Verwaltungsgericht am Montag. Die Richter wiesen die Klage des 38-Jährigen ab. Die Stadt hatte die Ausweisung bereits 1999 ausgesprochen und diesem die politische Betätigung verboten. Der Türke hatte dagegen geklagt. Vor zwei Wochen verließ er Deutschland und beantragte in den Niederlanden Asyl. Aus Sicht der bayerischen Behörden gefährdete der in Augsburg Verurteilte die Sicherheit des Landes. Wegen seiner eventuellen Rückkehr war ihnen trotz dessen Ausreise an einem Urteil gelegen. Die deutsche Regierung hatte den "Kalifatsstaat" im Dezember verboten, weil er antidemokratisch und antisemitisch sei. Auch Kaplan soll nach seiner Haft-Entlassung in die Türkei abgeschoben werden, falls Ankara garantiert, dass ihm dort nicht die Todesstrafe droht. In den Niederlanden hat die Stiftung "Diener des Islam" (Stichting Dienaar aan Islam) ihren Sitz. Aus deutscher Sicht ist sie das "finanzielle Rückgrat" des "Kalifatsstaats". Der "Kalifatsstaat" war 1984 vom Vater Kaplans in Köln gegründet worden. Er hatte nach Angaben des deutschen Verfassungsschutzes zuletzt etwa 1.100 Mitglieder. Ziel der Organisation sei es gewesen, in der Türkei den laizistischen Staat zu beseitigen und dort eine islamische Ordnung auf der Basis der Scharia, des islamischen Rechts, zu errichten. (APA/dpa)