Telekom
Infineon-Chef Schumacher offen für Akquisitionen im Telekom-Bereich
Akut kein Kapitalbedarf - Belebung des weltweiten Speichermarkts in Sicht - Derzeit kein weiterer Stellenabbau geplant
Nach den gescheiterten
Kooperationsverhandlungen im verlustreichen Speichergeschäft sieht
sich der Halbleiter-Hersteller Infineon
nach Kandidaten im
Telekommunikationsbereich um. Zurzeit seien die Konditionen für
Zukäufe besonders günstig, sagte Infineon-Chef Ulrich Schumacher eine
Woche vor der Hauptversammlung in München.
"Wieder Unternehmen mit Substanz
"Früher haben Sie für ein
bis zwei Milliarden Dollar ein Start-up bekommen - heute gibt es
dafür wieder ein Unternehmen mit Substanz." Ein weiterer Stellenabbau
über die bisher angekündigten 5.000 Arbeitsplätze hinaus ist nach
Angaben Schumachers derzeit nicht in Sicht.
Telekom-Markt mit enormem Potential
Trotz des herben Dämpfers 2001 biete der Telekommunikationsmarkt
enormes Potenzial, sagte Schumacher. "Die Telekommunikationsmarkt ist
nach wie vor das attraktivste Segment." Bezahlen würde Infineon einen
möglichen Zukauf nach Worten Schumachers am liebsten mit Aktien. Erst
vor wenigen Tagen hatte sich Infineon mit der Ausgabe einer
milliardenschweren Wandelanleihe frisches Kapital beschafft. "Das ist
eine günstige Form der Finanzierung", sagte Schumacher. Akut habe
Infineon keinen Kapitalbedarf, bekräftigte er.
Belebung des Speicherchip-Marktes
Inzwischen mehren sich nach Einschätzung von Schumacher die
Anzeichen für eine Belebung des weltweiten Geschäfts mit
Speicherchips. "Erstmals ist die Nachfrage für Speicherbausteine und
Chips für die Mobilkommunikation nach Weihnachten nicht im üblichen
Maße eingebrochen." Die Lagerbestände seien bei Produzenten wie
Kunden mittlerweile weitgehend abgebaut. Da gleichzeitig die Preise
für Speicherchips anzogen, gebe es Grund für vorsichtigen Optimismus.
Millardenverlust
Die Speicherchip-Krise hatte Infineon im Geschäftsjahr 2000/01
(30. September) einen Milliardenverlust beschert, für den Schumacher
auch den Preisdruck aus Korea verantwortlich machte. Trotz des
geplanten Abbaus von 5.000 Stellen und eines rigiden Sparkurses werde
der Konzern erst die Gewinnschwelle erreichen, wenn die
Speicherpreise weiter anziehen, sagte Schumacher. Die Preise für
einen 128-Megabit-Chip waren 2001 bis auf unter einen Dollar
gefallen. Zuletzt zogen sie bis auf über drei Dollar an. Die
Entwicklung sei überraschend gekommen, sagte Schumacher. "Auch wir
passen unsere Preise an." Es sei durchaus vorstellbar, dass der
positive Trend bei der Preisentwicklung anhalte.
Gewinnschwelle soll wieder erreicht werden
Die Vollkosten für die Herstellung eines Speicherchips liegen
allerdings noch immer bei etwa sechs Dollar für einen 128-MB-
Baustein. Mit Hilfe des Sparprogramms "Impact" und mit der neuen
300-Millimeter-Technologie im Dresdner Werk solle die Gewinnschwelle
bei Infineon bis Ende des Jahres auf unter vier Dollar gesenkt
werden, kündigte Schumacher an. "Damit können wir die
Kostenführerschaft ausbauen."
Preisdruck wird sich fortsetzen
Der Preisdruck auf dem
Speicherchipmarkt wird sich nach Einschätzung von Schumacher trotz
der schmerzlichen Erfahrungen der vergangenen Monate fortsetzen. Auch
auf dem Chipmarkt für drahtlose Anwendungen wie den Mobilfunk könne
es in Zukunft durch neue Anbieter zu einer ähnlichen Situation wie
bei Speicherchips kommen.
Karten werden neu gemischt
Im Geschäft mit Speicherchips, die vor allem in PCs eingesetzt
werden, werden die Karten derzeit weltweit neu gemischt. Infineon
verhandelte mit Konkurrent Toshiba monatelang über ein Zusammenlegen
der Speicherbereiche unter Führung Infineons. In letzter Minute
platzten die Verhandlungen. Toshiba gibt seinen Speicherbereich nun
weitgehend auf und verkauft eines der Werke an den US-Konzern Micron,
der derzeit mit dem koreanischen Hynix in Verhandlungen steht.
Neue Technologie
Mit
Hilfe der 300-Millimeter-Technologie, bei der mehr Chips auf einer
Siliziumscheibe produziert werden, könne Infineon auch ohne Zukäufe
oder Kooperationen Kapazitäten ausbauen, sagte Schumacher. Im
Speicherbereich steht er weiterhin zu der Aussage, dass sich die
Liquiditätssituation Infineons bei einer Kooperation nicht
verschlechtern dürfe. "Wir wollen und werden kein Geld ausgeben."
Kein weiterer Stellenabbau geplant
Wegen der jüngsten Anzeichen für einen Aufschwung rechnet
Schumacher derzeit nicht mit weiterem Stellenabbau. "Es sei denn, es
fände ein erneuter Einbruch in der Halbleiterkonjunktur statt, von
dem momentan aber niemand ausgeht." Trotz harter Gewerkschaftskritik
habe das Image Infineons als Arbeitgeber nicht gelitten. Bei weniger
als zehn Prozent der 5.000 betroffenen Stellen seien betriebsbedingte
Kündigungen notwendig. Die Details des mit dem Gesamtbetriebsrat
ausgehandelten Sozialplans sollen am Mittwoch (16. Jänner) vorliegen.(APA/dpa)