Roman Freihsl

Wien - Er persönlich habe eine "eher positive Haltung" zum Projekt Biomassekraftwerk, hatte Bürgermeister Michael Häupl in der Vorwoche vorsichtig formuliert. Bis März solle eine "Machbarkeitsstudie" fertig gestellt werden. Hinter den Kulissen sind die Vorbereitungen für ein derartiges Großkraftwerk allerdings schon deutlich weiter, als diese vorsichtigen Formulierungen vermuten ließen.

"Derzeit wird bereits untersucht, ob die Stadtwerke selbst die Anlage errichten - oder etwa gemeinsam mit der Fernwärme Wien ein Tochterunternehmen gegründet wird", berichtet der grüne Klubobmann Christoph Chorherr auf Anfrage des STANDARD.

Und nicht nur dass die Grünen erstmals in ihrer Geschichte die Errichtung eines Großkraftwerkes fordern - inzwischen sind auch Teile der Wiener Verwaltung und der städtischen Unternehmen für die Biomasse entflammt.

Fernwärmeszenario

In einer vor kurzem präsentierten Studie der Fernwärme Wien etwa wurden bereits Szenarien für drei Biomasse-Großkraftwerke in Wien entworfen: Bis 2030 könnte demnach das Fernwärmeunternehmen einen Versorgungsanteil von 57 Prozent bei den Wiener Heizungen erreichen - davon würden 37 Prozent mit nachhaltiger Biomasseenergie erzeugt. Weitere 36 Prozent der Heizenergie würden über Kraft-Wärme-Kupplungen abgedeckt. Laut dieser Untersuchung würden so insgesamt 1,5 Millionen Tonnen CO eingespart.

Inzwischen ist auch die Fernwärme Wien überzeugt: Es gibt genug Biomasse in Ostösterreich, um damit Fernwärmezuwächse und "einen erheblichen Anteil in der Stromversorgung" abzudecken. Chorherr: "Wenn das erste Biomasse-Großkraftwerk mit Holz betrieben wird, wäre es sicher sinnvoll, ein zweites mit Stroh aus dem Umland zu befeuern."

Sowohl Chorherr als auch die Fernwärme-Studie kommen zu demselben Schluss: Ob das alles tatsächlich realisiert werden kann, sei jetzt in erster Linie "vom politischen Willen abhängig". Oder wie es in der Fernwärme-Studie formuliert wird: Es komme darauf an, ob "neben dem ,freien Markt' auch adäquate Rahmenbedingungen in Form von direkten oder indirekten Förderungsmaßnahmen" für Biomasse-Heizkraftwerke geschaffen werden.

Laut Chorherr sollte die Wirtschaftlichkeit derartiger Biomasseanlagen, die Strom und Wärme produzieren, noch im Jänner oder Februar sichergestellt werden - wenn die Einspeisetarife für Strom aus erneuerbaren Energieträgern von der Landesregierung erlassen werden.

Das erste Biomassekraftwerk könne jedenfalls schon 2005 fertiggestellt werden und soll zirka 50 bis 70 Millionen EURO (688 bis 963 Mio. S) kosten. Das Projekt sei aber auch für den Wirtschaftsstandort Wien von Bedeutung, so Chorherr: "Die EU wird in nächster Zeit noch größere Ökostromanteile festschreiben - und dann ist entscheidend, wer der ,first mover' ist, der den anderen technologisch ausgereifte Konzepte anbieten kann." (Der Standard, Printausgabe, 16.01.02)