Panorama
Opernball: Die Chronique scandaleuse
Von Lollobridgida über Förtschi bis Naddel
Wien - 1992 fasste Richard Lugner den folgenschweren
Entschluss, einen Gast mit auf den Opernball zu nehmen. Seitdem
zierte Prominenz aus aller Welt die Seite des Baumeisters. Doch neben
medialer Aufmerksamkeit, Rampenlicht und auch internationaler
Popularität brachten viele Gäste dem Societylöwen vor allem eines:
Probleme. Höhepunkt der Chronique scandaleuse war sicherlich, als
Grace Jones hinter einem Vorhang in der Loge Lugners beim Ball ihre
fleischliche Lust mit einem jungen Liebhaber stillte. "Das war
akustisch klar wahrnehmbar", bestätigte der Baumeister jetzt lang kursierende Gerüchte.Aufpreis
Eigentlich wollte Lugner ja schon 1991 einen Gast auf den
Opernball mitnehmen - allerdings aus Zufall. Die italienische
Filmlegende Gina Lollobrigida bot sich an, gegen einen kleinen
"Aufpreis fürs Kleid" die Veranstaltung zu besuchen. "Die Verträge
waren schon unterschrieben", erzählte Lugner. Doch dann sagte die
damalige Ballmutter Lotte Tobisch auf Grund des Golfkrieges das
feierliche Ereignis in der Oper kurzerhand ab.
So wurde ein "sehr problemloser" Harry Belafonte 1992 der
Premierengast. "Damals fast ohne medialer Aufmerksamkeit", sagte
Lugner. Auch der Vertrag mit dem US-Sänger sei eher "nebenbei" zu
Stande gekommen. Pressekonferenzen und Autogrammstunden gab in diesen
unschuldigen Tagen noch nicht. Die einzige Unpässlichkeit war, dass
Belafonte eine Freundin in Wien hatte und deshalb schon früh am Abend
über "Unwohlsein" geklagt hat. "Draußen hat dann schon das Auto
gewartet", sagte Lugner.
Eiskalt
Mit Joan Collins im Jahr 1993 wurde alles anders. "Sie war sehr
professionell - und eiskalt", erinnerte sich Lugner. Von der
amerikanischen Schauspielerin wurde der Baumeister auch erstmals mit
den Macken und Sonderwünschen internationaler Prominenz konfrontiert:
Da die Diva prinzipiell nur im Minirock auftrat, musste das Pult auf
der Bühne der Lugner City für die erste Autogrammstunde auf den drei
zum Publikum zeigenden Seiten züchtig verhängt werden. "Damit ihr
niemand unter den Rock schauen konnte."
Mineralwasser durfte nur verschlossen bereitgestellt werden. "Sie
hatte Angst, dass ihr jemand Schlafmittel hinein schüttet", erklärte
der Baumeister. Die Schauspielerin erwies sich auch als überaus
geschäftstüchtig: Autogramme gab sie nur in ein über sie erschienenes
Buch - das vorsorglich an einem extra Tisch verkauft wurde. "Das
hatten wir seither nicht mehr", so Lugner.
Dekolletee
Sophia Loren im Jahr 1995 war Lugners dezidierter Lieblingsgast.
"Sie war halt eine echte Dame", schwärmte der Society-Löwe. Erhaben
winkte sie von der Brüstung der Lugner City dem Volk, gnädig
signierte sie Autogramme - und Probleme machte sie auch nicht.
Bleibenden Eindruck hinterließ auch ihr "riesiges Dekolletee"
(Lugner). Besonders als ihr in der Loge des Bundespräsidenten jemand
auf das Kleid gestiegen ist und der Inhalt desselben in seiner ganzen
Pracht fast herausgesprungen wäre. "Da war sie schon angefressen."
Mit der US-Sängerin Grace Jones steuerte die Chronique scandaleuse
im Jahr 1996 auf ihren vorläufigen Höhepunkt zu. Die frischverliebte
Künstlerin wurde ihrem Ruf als "Skandalnudel" jedenfalls mehr als
gerecht. Probleme mit dem Gepäck am Flughafen brachten von Anfang den
ohnehin engen Zeitplan zum Kippen - und die Triebe der Künstlerin
ließen den Baumeister endgültig die Nerven schmeißen.
Sex
Zum ersten Mal pochte die Sängerin vor dem Abendessen im
Restaurant Corso darauf, sich unbedingt auf ihrem Zimmer im Hotel
Imperial umziehen zu müssen. Der Baumeister wartete indes davor.
"Dann hatte sie mit ihrem Freund Sex, das haben wir gehört",
erinnerte sich Lugner genau. Nach dem Dinner hatte Grace Jones erneut
etwas an ihrem Kleid auszusetzen - und verspürte wiederum das
dringende Bedürfnis, sich vor dem Ball umzuziehen...
Doch all der Ärger mit seinen Gästen dürfte sich für den
Baumeister gelohnt haben: "Gemessen an Medienberichten ist der Name
Lugner eine Milliarde Schilling wert."
Förtschi
Selbst in der Loge des Baumeisters in der Oper war die Sängerin
mit ihrem Outfit noch nicht ganz zufrieden. Kurzerhand verschwand sie
mit ihrem Liebhaber hinter einem Vorhang. "Dort hatte sie wieder Sex,
das war akustisch klar wahrnehmbar", so der Baumeister. Es kam, wie
es kommen musste: Für einen Besuch in der Underground Diskothek U4
nach dem Ball war Grace Jones natürlich nicht passend gekleidet. Und
so wollte sie sich selbstverständlich auf den Toiletten umziehen.
"Der Freund bleibt aber da", befahl der wohl bereits ein wenig
entnervte Gastgeber. Und siehe: Anstatt der üblichen halben Stunde
schaffte die Sängerin den Kleiderwechsel in wenigen Minuten. "Sie
haben später übrigens geheiratet", schmunzelte Lugner.
In die internationalen Schlagzeilen - und in Konflikt mit dem
Protokoll - gelangte Lugner 1997 mit Sarah "Förtschi" Ferguson, der
Herzogin von York. Diese bestand nämlich darauf, in Wien auch von
offizieller Seite Willkommen geheißen zu werden. Eine Ehre, die ihr
als geschiedenes - und daher nicht mehr - Mitglied des englischen
Königshauses nicht zustand. Der englische Botschafter in Österreich
wählte den diplomatischen Weg und verabschiedete sich kurzerhand auf
französisch in einen "seit langem geplanten" Skiurlaub. Die Etikette
erlaubte es Ferguson nicht einmal, mit dem damaligen Minister Werner
Fasslabend über die Feststiege zu schreiten. Für das Ballfoto wurde
die Gruppe aber schließlich trickreich so posiert, dass die Herzogin
doch noch neben dem Ressortchef zu stehen kam - und so wenigstens
halbwegs ehrenvoll davon kam.
Probleme
Der Ärger mit liebestollen Künstlerin, eisigen Diven und
ehemaligen Mitgliedern der Königshauses wurde im Jahr 2000 von einem
politischen Akt in den Schatten gestellt. Nach der Konstellation der
FPÖ-ÖVP-Regierung liefen dem Baumeister die potenziellen
"Ballspenden" gleich in Scharren davon. Claudia Cardinale wollte
plötzlich ebensowenig an der Seite Lugners die Veranstaltung besuchen
wie Catherine Deneuve. "Ich hatte zeitweise Angst, ganz ohne Gast
dazustehen", sagte Lugner.
Zu guter Letzt hatte der Baumeister aber dann gleich zwei Gäste.
Jacqueline Bisset entschloss sich, nachdem sie mehrmals auf dem Weg
zum Flughafen wieder umgedreht hatte, doch noch dazu, nach Wien zu
fliegen. Und Nadja Abdel Farrag hatte von Anfang wenig Zicken
gemacht. Das Ereignis selbst ging dafür problemlos über die Bühne.
Der Gast des vergangenen Jahres, Farrah Fawcett, dürfte sich
dagegen wie ein Spaziergang ausgenommen haben. Auch wenn der Ex-Engel
für Charlie mit schwierigem Manager sowie liebes- und drogentollem
Sohn nach Wien gereist war, der partout nicht von "Mausis" Seite
weichen wollte.(APA)