Wien - Hellmuth Longin, einst mächtigster Mann der
Radex-Heraklith AG und heute RHI-Ehrenpräsident, blickt auf ein
angeknackstes Lebenswerk. Er sei nie gegen den Kauf der
US-Aktivitäten gewesen. "Im Gegenteil. Denn Amerika mit seinen 100
Millionen Tonnen Stahl und einem Drittel der Weltproduktion von
Dingen, die unsere Feuerfestmaterialien brauchen, macht durchaus
Sinn. Kritisiert habe ich, dass man nicht richtig und sorgfältig
genug recherchiert hat, was man da für einen Schrott kauft", sagt
Longin in einem Interview in der "Kleinen Zeitung" (Mittwochausgabe).
Longin bestätigte nunmehr, als Ehrenpräsident seit mehr als einem
Jahr nicht mehr im RHI-Hauptquartier erschienen zu sein, auch nicht
bei Hauptversammlungen oder Aufsichtsratssitzungen. "Ich bin seit
mehr als einem Jahr nicht mehr eingeladen worden und gelte als
Querulant."
Bitterkeit
Bitterkeit empfinde er nicht, sagt er. "Aber die Entwicklung, die
das Unternehmen nach meinem Abgang 1995 genommen hat, ist eine große
Enttäuschung für mich. Es ist wie bei einem Kind - auch wenn es
missraten ist, man hängt sein Leben lang daran."
Longin hatte im Jahr 1987 den Amerikanern Radex abgekauft. "Es war
das erste funktionierende Management-Buy-out im großen Stil im
deutschsprachigen Raum. 25 Prozent der Mitarbeiter haben Aktien
gekauft. Das Unternehmen hat bis 1995 einen kometenhaften Aufstieg
erlebt."
Nach den jetzigen Milliardenverlusten des RHI-Konzerns durch das
Asbest-Desaster in den USA werde es "wieder aufwärts gehen", ist auch
der RHI-Ehrenpräsident überzeugt. (APA)