Formel 1
Barrichello zwischen Selbstbewußtsein und Frust
Der Brasilianer glaubt an seine WM-Chance
Madonna di Campiglio - "Wasserträger" Rubens Barrichello
rechnet sich trotz Michael Schumacher echte WM-Chancen aus und hat
auch keine Angst vor Juan Pablo Montoya als möglichen Nachfolger bei
Ferrari. "Ich glaube an meine Titelchance, obwohl Michael mein
Teamkollege ist", sagte der brasilianische Formel-1-Pilot am Mittwoch
in Madonna di Campiglio. "Wenn ich erstmals aufwache und denke, ich
kann nicht mehr gewinnen, dann höre ich auf."Während sich Barrichello bei der traditionellen Ferrari-Skiwoche
den etwa 100 Medienvertretern stellte, wedelte der Weltmeister
schwungvoll die Kunstschneepisten in dem dieses Jahr weitgehend
grün-braunen Skiparadies in den Dolomiten hinunter. Schumacher genoss
mit seiner Frau Corinna und einigen Freunden entspannt den
Sonnenschein und die malerische Bergwelt. Sein erster großer
öffentlicher Presseauftritt drei Monate nach dem Saisonende steigt am
Donnerstag.
Der Glaube an die eigene Courage
Barrichello stellte derweil seine Ansprüche auf die WM-Krone bei
dem am 3. März in Melbourne beginnenden Championat: "Ich hoffe auf
ein WM-Rennen zwischen den beiden Ferrari." Allerdings schien der
zwischen Selbstbewusstsein und Unsicherheit schwankende Südamerikaner
seiner Courage manchmal selbst nicht zu trauen. "So lange ich das
gleiche Auto wie Michael erhalte, ist es egal, wer die Nummer eins
und zwei ist, auch wenn das mit Michael sehr schwierig ist", sagte
der 29-Jährige und räumte indirekt ein, dass er sich mit der
Nebenrolle hinter Hauptdarsteller Schumacher abgefunden hat. Seine
beim Antritt vor zwei Jahren erhobene Forderung, als "Nummer 1B"
quasi auf "Augenhöhe" mit dem Deutschen zu stehen, bezeichnete
Barrichello als Schnee von gestern. "Das ist nicht mehr wichtig."
Auch wenn der bei kritischen Fragen häufig gekränkt wirkende
"Schattenmann" verbal zu kontern versuchte, klang immer wieder Frust
über Benachteiligung im Team durch. "Entscheidend ist, dass wir das
gleiche Auto haben, und alle technischen Daten sind offen",
versicherte er zwar. "Aber ich genieße vielleicht 30 bis 35 Prozent
der Aufmerksamkeit." Diese wachse zwar. Aber erst wenn es hier 50:50
stehe, sei er in einer wirklich guten Position.
Montoya der Kronprinz?
Als ob der übermächtige Teamkollege nicht schon "Strafe" genug
wäre, sieht sich der WM-Dritte des Vorjahres auch ständiger
Konkurrenz von außen ausgesetzt. Als neuester heißer Kandidat für das
zweite Ferrari-Cockpit anstelle Barrichellos gilt Montoya. Der
aggressive und selbstbewusste Williams-BMW-Pilot zählt zu den
aussichtsreichsten Thronfolgern, wenn König "Schumi I" einmal
abdankt. "Ich mache mir keine Sorgen", versicherte Barrichello,
dessen Vertrag nach dieser Saison endet. "Wenn ich gute Arbeit
leiste, habe ich auch eine Zukunft bei Ferrari."
Zumindest privat ist bei Barrichello alles in Butter. Söhnchen
Edoardo, inzwischen sechs Monate alt und sieben Kilogramm schwer, sei
"ein wahrer Goldschatz. Ich fühle mich sehr wohl als Vater. Das ist
wunderschön." (APA/dpa)