Wien - Finanzminister Karl- Heinz Grasser will bis zum Jahresende die fünf bundeseigenen Wohnbaugesellschaften (Buwog, WAG, ESG Villach, Bundesbahnen, EBS Linz) verkaufen. Um die Gesellschaften mit insgesamt 60.000 Wohnungen "erlösmaximierend" zu veräußern sucht der Minister per Ausschreibung einen Unternehmens- und Managementberater beziehungsweise eine im Immobilienverkauf erfahrene Investmentbank. Experten erwarten einen Verkaufserlös von 727 Mio. bis 1,09 Mrd. € (zehn bis 15 Mrd. S).Für den Bautensprecher der ÖVP, Walter Tancsits, käme als Beratungsgesellschaft auch die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) infrage, die alle Bundesgebäude vereint. Ressortverantwortlich für die BIG ist allerdings das Wirtschaftsministerium. Potenzielle Berater müssen ihre Angebote bis 18. Februar abgeben. Aus den einlangenden Angeboten werden fünf Bewerber zur Erstellung einer konkreten Bewerbung ausgewählt. Ab Jahresmitte sollte der Sieger mit der Arbeit beginnen und bis Jahresende die Investorensuche abgeschlossen sein. Interessenten An Käufern dürfte es nicht mangeln: Der Chef der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger, hat bereits Interesse an der WAG bekundet, ebenso wie Karl Petrikovics, Boss der Immofinanz, ein Auge auf die Buwog geworfen hat. Dazu kommen noch in- und ausländische Finanzinstitute. Tancsits kritisierte im Standard-Gespräch den Verkauf von 38.850 infrage kommenden Wohnungen an die Mieter als "nicht professionell", zumal nur 600 bis 700 tatsächlich ihre Bleibe erwerben können. Er könne daher nur vermuten, dass das so gewollt war. "Andernfalls müsste ich unterstellen, dass es sich um schlechte Kaufleute handelt, und das will ich nicht", sagte Tancsits. Gewerbliche Bauträger Die fünf bundeseigenen Wohnbaugesellschaften sind seit dem Vorjahr nicht mehr gemeinnützige, sondern gewerbliche Bauträger. Die Wohnungen unterliegen aber weiter dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und sind speziell geschützt. Für Tancsits steht daher fest: "Wer glaubt, aus den Mieten, eine Rendite erzielen zu können, kann das WGG nicht gelesen haben." Der Verkauf der Bundeswohnungen an die Mieter könne seiner Meinung nach nur ein "Versuchsballon" gewesen sein. Langfristig sei der Kauf der Gesellschaften nur ein Geschäft, wenn die Wohnungen verkauft werden, glaubt der ÖVP-Politiker. (Claudia Ruff, DER STANDARD, Printausgabe 17.1.2002)