Dem Mailänder Generalstaatsanwalt Francesco Saverio Borrelli bläst seit der Wahl Silvio Berlusconis zum Ministerpräsidenten ein rauer Wind ins Gesicht. Mit seinem vehementen Widerstand gegen die geplante Justizreform ist der 66-jährige Jurist für die Regierung zum Feindbild Nummer eins geworden.

In den Augen Berlusconis ist Borrelli Mentor einer Horde linker Staatsanwälte, die ihn wegen Steuerhinterziehung, Bestechung und Bilanzfälschung 13-mal vor Gericht zerrten. Für viele Italiener aber ist Borrelli Garant einer Rechtsprechung, die auch vor Mächtigen nicht Halt macht. Zehn Jahre hielt er seine schützende Hand über die Staatsanwälte um Antonio di Pietro, die 1992 mit der Aufdeckung eines beispiellosen Korruptionssumpfes begannen (Aktion "mani pulite" - saubere Hände).

Unermüdlich prangerte Borelli die Absicht der Regierung an, die Staatsanwälte mundtot zu machen und politischen Einfluss zu unterstellen. Zur Eröffnung des Gerichtsjahres verabschiedete der Generalstaatsanwalt sich mit einem Appell an alle Justizbeamten, Widerstand gegen die Pläne der Regierung zu leisten. (DER STANDARD, Print vom 17.1.2002)