Paris - Sein beißender Humor dürfte ihm vergangen sein: Nach einem Abend auf der Polizeiwache wurde dem Société-Générale-Chef Daniel Bouton eine Anklage wegen "erschwerter Geldwäsche" überreicht. Der 51-jährige Bankpräsident, einer der mächtigsten Exponenten der Pariser Hochfinanz, muss sich mit zwei seiner Stellvertreter der Nachlässigkeit bei der Geldwäsche-Bekämpfung verantworten. Erst kürzlich hatte die Justiz in der gleichen Affäre schon gegen sechs andere Spitzenmanager der drittgrößten Bank Frankreichs Verfahren eröffnet.Weite Kreise Die zugrunde liegende Affäre hat in Paris weite Kreise gezogen. Mehrere (meist flüchtige) Geschäftsinhaber kleinerer Textilfirmen begingen Steuerbetrug mit indossierten Schecks, indem sie Geld zwischen Banken in Frankreich und Israel hin- und herschoben, bis die Herkunft nicht mehr eruierbar war. Im Unterschied zu Frankreich erlaubt Israel die Indossierung, das heißt die Umschreibung eines Schecks auf einen anderen Begünstigten. Die Ermittler beklagen die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Geldinstitute. Diese rechtfertigten sich, es sei unmöglich, die täglich anfallenden Millionen von Schecks auf Geldwäsche-Verdacht zu kontrollieren. Die Justiz lässt das nicht gelten: Zumindest die wenigen indossierten Schecks, die aus dem Ausland eintreffen, hätten besondere Aufmerksamkeit verdient. Die Banken kaschierten ihre Untätigkeit, indem sie eine Scheindebatte lostraten: Sie verlangen von der Regierung Auskunft, wann der Tatbestand der Geldwäsche erfüllt sei, da im betreffenden Gesetzesartikel das Wort "Vorsatz" fehle. (Stefan Brändle, DER STANDARD, Printausgabe 17.1.2002)