Zeit
Anitsemitismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland immer wieder anzutreffen
Paul Spiegel: "Klischees und Sündenbocktheorien, unter denen wir Juden seit Jahrtausenden zu leiden haben, heute wieder aktuell"
Hamburg - Nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrats
der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, gibt es in der Bundesrepublik
Deutschland immer noch sehr viel Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit. Sechzig Jahre nach der Wannsee-Konferenz, bei
der die Nazis die Ermordung der Juden planten, seien "Klischees und
Sündenbocktheorien, unter denen wir Juden seit Jahrtausenden zu
leiden haben, heute wieder aktuell", sagte Spiegel der Illustrierten
"stern". Erst neulich habe er das bei einer politischen Veranstaltung
wieder "ganz krass" erfahren. "Da hat mir einer klipp und klar
gesagt: Hören Sie auf, sich ständig einzumischen. Wenn Sie ruhiger
wären, gäbe es keinen Antisemitismus!" Er höre immer wieder, dass die
Juden der Grund für Antisemitismus seien und dass es am besten wäre,
es gäbe keine Juden in Deutschland.
"Wenn mir 1945 jemand gesagt hätte, dass in Deutschland wieder
jüdische Friedhöfe geschändet, Synagogen angezündet, Fremde gejagt
werden - ich hätte ihn für verrückt erklärt", sagte Spiegel einer
Vorabmeldung des "stern" zufolge. Trotz aller Schwierigkeiten und
trotz aller rechter Gewalt werde er nicht sagen, Deutschland sei ein
rechtsradikales und antisemitisches Land. "Wir vertrauen dieser
Demokratie. Wir sind überzeugt, dass wir hier leben können, und wir
wollen hier leben." (APA/dpa)