Der Platz neben Premierminister José María Aznar im Straßburger Europaparlament war in dieser Woche für Ramón de Miguel reserviert. Bei Aznars Rede zu den Plänen des spanischen EU-Ratsvorsitzes saß er damit am richtigen Ort: Berufsdiplomat de Miguel hat als Staatssekretär für Europa-Angelegenheiten den Ablauf des EU-Vorsitzes federführend mitgestaltet.

Alles andere als zurückhaltend zeigt sich Spaniens "Mister EU", der von Beginn an mit den Beitrittsverhandlungen betraut war, im Gespräch mit dem STANDARD. Auf Stereotypen, mit denen die spanische Position zur Osterweiterung und Fortzahlung von Subventionen in deutschsprachigen Medien immer wieder beschrieben wird, reagiert de Miguel geradezu leidenschaftlich: Das Wort vom "Bremser", dem "hässlichen Europäer" könne er nicht mehr hören. Kritikern Spaniens wirft de Miguel "mangelnde europäische Gesinnung" vor, er wünsche sich eine offene Auseinandersetzung in den EU-Gremien, nicht "hinterrücks über Zeitungen".

Spanien habe in der Frage der Osterweiterung seine Haltung nie geändert, sie vielmehr als Chance empfunden. Noch mehr: "Unsere Absicht ist es, bereits mit dem Aufsetzen des Beitrittsvertrages zu beginnen." Die Notwendigkeit einer Reform der EU-Strukturhilfen für die Zeit nach 2006 wird in Madrid nicht mehr bestritten. "Wir haben von der Solidarität Europas profitiert", sagt der Staatssekretär, "allerdings nicht von Almosen, sondern als Teil der ausgehandelten Verträge."

Egoismus könne man Spanien nicht vorwerfen, "so wie niemand den Österreichern vorgeworfen hat, die Probleme Transit und Atomkraft aufzuwerfen". Dennoch baut de Miguel für die Verhandlungen nach 2006 vor: "Es wäre doch eine Ironie, wenn Spaniens ärmste Regionen aufgrund einer neuen statistischen Berechnung plötzlich nicht mehr förderungswürdig wären." Es werde in Zukunft aber weniger Geld für alle geben, "für uns und für die neuen Partner", meint de Miguel.

Der Staatssekretär erinnert sich der ersten Tage der EU-14-Maßnahmen gegen Österreich. Er sei es gewesen, der vor versammelten Abordnungen Außenministerin Ferrero-Waldner mit Kuss begrüßt habe. Nach dieser Präambel erlaubt sich de Miguel noch eine Bemerkung in Richtung Mitteleuropa: Die Auseinandersetzung um Temelín, sagt er schon im Abgehen, schade dem übergeordneten Ziel. Der Streit um das Atomkraftwerk sei ein "grober Fehler". (DER STANDARD Print-Ausgabe, 18.1.2001)