Washington - Nach mehr als hundert Jahren fruchtloser
Versuche behaupten Forscher nun nah daran zu sein, Spinnenfäden zu produzieren. Ein
kanadisches Team setzte die entsprechenden Spinnen-Gene in
Säugetierzellen und erntete die produzierten Eiweißstoffe. Aus ihnen
sponnen weitere Forscher die Fasern, die einmal künstliche Sehnen,
hauchdünne Verbände, kugelsichere Westen und reißfeste, biologisch
abbaubare Angelschnüre ergeben sollen. Superelastisch, federleicht
und - in Relation zum Gewicht - fünf Mal stärker als Stahl, gilt der
Faden, aus dem Spinnen ihr Netz knüpfen, seit langem als "Wunder der
Natur".
Auch Hamster produzierten Seide
Anthoula Lazaris und Kollegen von der Firma Nexia Biotechnologies
in Vendreull-Dorion (Provinz Quebec, Kanada) beschreiben in "Science", wie sie den Durchbruch geschafft haben wollen. Sie
entnahmen Spinnen ein "Seiden"-Gen und setzten es im Labor in
Nierenzellen von Babyhamstern sowie in Euterzellen von Kühen. Beide
Zelltypen produzierten die gewünschten Proteine in größeren Mengen -
und zwar außerhalb der Zellen, wo sie mühelos gewonnen werden
konnten.
Ein zweites Team um Steven Arcidiacono vom U.S. Army Soldier
Biological Chemical Command in Natick (Massachusetts) half den
Kanadiern, diese Proteine zu Seidenfasern zu spinnen. Sie
konzentrierten die Moleküle in Wasser und pressten sie durch ein
winziges Loch in eine Methanol-Lösung. Die ersten Fasern waren zwar
noch härter als Kevlar, aber nur fast so elastisch wie Nylon, also
noch nicht ideal. Um ihnen mehr Elastizität zu verleihen, wollen die
Biotechnologen als nächstes ein zweites Spinnen-Gen in den Prozess
integrieren und die Proteine insgesamt größer machen.
Die vernetzte Ziege
Die endgültige Massenproduktion der Eiweißstoffe dürfte dann im
Ziegenstall erfolgen. Die kanadische Firma will die Spinnen-Gene
einmal Ziegen ins Euter setzen und hofft darauf, die begehrten
Seiden-Proteine en gros aus ihrer Milch zapfen zu können.
(APA/dpa)