Budapest - Die für April angesetzten Parlamentswahlen in Ungarn haben am Donnerstagabend die Gedenkfeier zur Befreiung des Budapester Gettos vor 57 Jahren überschattet. "Ich möchte über die neuen Gettomauern sprechen", sagte der Budapester Bürgermeister Gabor Demszky in seiner Ansprache, "über jene, die die faschistische Sprache ihrer Vorgänger frei verwenden." Demszky, der dem oppositionellen Bund Freier Demokraten (SZDSZ) angehört, kritisierte, dass "die Sprache des Hasses heutzutage in Sendungen des öffentlich- rechtlichen Rundfunks, in Zeitungen und Büchern verbreitet werden kann". Der liberale Politiker spielte auf den Umstand an, dass in bestimmten Rundfunkprogrammen und in Publikationen aus dem Dunstkreis der rechtsextremen Ungarischen Wahrheits- und Lebenspartei (MIEP) mitunter offen antisemitische Ansichten geäußert werden. Etliche der rund 2000 Teilnehmer des Gedenkens, zu dem jüdische Organisationen eingeladen hatten, zeigten Transparente mit Aufschriften wie "Für ein freies Land ohne Angst" und "Stoppt das Errichten von Gettomauern". Außenminister Janos Martonyi vom regierenden konservativen Bund Junger Demokraten (FIDESZ) wurde von einem Teil der Teilnehmer ausgepfiffen, als er in seiner Rede eine Äußerung von Papst Johannes Paul II. zitierte, in der dieser zur Versöhnung zwischen den Religionen aufrief. (APA/dpa)