Die Kurseinbrüche an der Börse haben erfolglose Start-up-Unternehmer mitgerissen, ihre Verluste gehen in die Millionen, die Mitarbeiter sind längst auf und davon. Nun liegen die Gründer auf der Couch ihrer Psychologen und versuchen unter deren Navigation die Misere aufzuarbeiten. Woran sind so viele Start-ups gescheitert?

Jugendwahn

In den letzten Jahren kursierte in der Berufswelt und bei den sie begleitenden Banken das Motto: Hauptsache jung! Bis zur Schallgrenze 30 ist man effizient, flexibel, belastbar und kann powern, wenn wieder ein Software-Update ansteht. Was dabei völlig unterging: Der in die unternehmerische Verantwortung hineinwachsenden Generation fehlte es fatal an Erfahrungswissen.

Unternehmer sein macht Spaß, aber auch jede Menge Arbeit. Manchmal hapert es dann schon an der Erstellung eines Geschäftsplans oder der Einsicht in Organisationsabläufe, ganz zu schweigen vom Instrumentarium einer guten Führung und Kommunikationskompetenz.

Unternehmer, die über die eigene Begeisterung hinaus gelangen, versichern sich der Mitarbeit bewährter Zeitgenossen, die mehr zu bieten haben als Entscheidungsfreude. Ältere Mitarbeiter können eine Start-up-Firma bereichern durch ihre Berufserfahrung, menschliche und soziale Kompetenz sowie ein breites Fundament an praktischem Wissen und Kenntnissen über Strukturen und Abläufe.

Berechenbar, verlässlich und stabil

Das eigentliche Kapital von über 45-Jährigen besteht aber darin, dass sie ausgereifte Persönlichkeiten sind, berechenbar, verlässlich und stabil bei der Umsetzung der Ziele eines Unternehmens. Ihre personellen Ressourcen gewähren die Investitionssicherheit, die der "Generation@" allein aufgrund ihres niedrigen Alters und der damit verminderten Lebens- und Berufserfahrung fehlen. Die Berliner Berufsfindungsberaterin Uta Glaubitz warnt schon lange vor der Diskreditierung älterer Arbeitnehmer.

Andere Arbeitsmarkt-Experten haben sich den Aufbau der gesellschaftlichen Pyramide angeschaut und prophezeien, dass allein die demographische Entwicklung in nächster Zeit ein Umdenken gegenüber Grauhaarigen in der Berufswelt regelrecht erzwingen wird.

Die respektvolle Haltung für sie, die selbst Politikern und Arbeitgebern fatal abhanden kam, wird sich wieder einstellen. Denn die gesamte Gesellschaft wird immer älter, der Jugendlichkeitswahn wird zurückgedreht werden.

Eine pensionierte Oberstudienrätin glaubt der Auskunft ihres gescheiten Buchhändlers, der sie ein halbes Leben lang beraten hat, mehr als den flott hingeworfenen Mutmaßungen des jungen Computer-tastendrückers im Buch-Silo.

Der Charme der jungen Verkäuferin in der Herrenboutique entzückt jeden älteren Herrn, doch wenn es um Typberatung geht, wird dann doch lieber die erfahrene ältere Fachverkäuferin zurate gezogen. So gesehen ist jedes Unternehmen gut beraten, das sich "Diversity" (Mannigfaltigkeit) ins Gründungsbuch schreibt, die Kombination aus Jung und Alt und daraus resultierenden unterschiedlichen Talenten, Ideen und Sichtweisen. Diversity verspricht schon deshalb Erfolg, weil sie laut Umfragen bei den Kunden am besten ankommt.

Erfolgsmix

Ein Unternehmen, das einen Gemischtwarenladen der Generationen, aber auch Kulturkreise darstellt, schafft schlichtweg eine größere Kundenbindung. Je größer die Anzahl der Möglichkeiten, desto mehr Erfolgsfaktoren stellen sich ein. Denn Ältere wollen keineswegs nur unter ihresgleichen sein, sondern arbeiten überwiegend gern mit Jüngeren zusammen. Jüngere, die sich auf Ältere einlassen, merken schnell, dass diese zwar gelegentlich etwas festgelegter sind, auch aus ihrer Sicht altmodischer denken und handeln, aber solide und erfahren auftreten, wissen, was sie können und anzubieten haben.

Erfahrung, lehrte schon Aristoteles, ist der Anfang aller Kunst und jeden Wissens. Die "Dotcom-Psychose" jenseits der fünfzig ist jedenfalls unbekannt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, Roland Mischke)


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