Unternehmen
Andersen: Enron ist am Geschäftsmodell gescheitert
Ermittlungen wegen Aktenvernichtung
Washington - Für den Chef des Wirtschaftsprüfers
Andersen, Joseph Berardino, liegt der Enron-Kollaps am verfehlten
Geschäftsmodell, nicht an illegalen Praktiken. "Meines Wissens war
nichts, was wir gefunden haben, illegal", sagte Berardino am Sonntag
dem Fernsehsender NBC. "Dies (Enron) ist eine Firma, deren
Geschäftsmodell gescheitert ist. Die Buchhaltung reflektiert nur das
Ergebnis des laufenden Geschäfts." Für Berardino ist Andersen außerdem nicht in Gefahr: "Ich glaube
überhaupt nicht, dass wir am Ende sind. Wir treffen uns weiter mit
unseren Kunden." Der in Houston ansässige Energiehändler Enron war
einst der Börsenliebling, brach aber vergangenes Jahr in der größten
Unternehmenspleite der US-Geschichte zusammen. Nun wird Andersen für
die Enron-Bilanzierung kritisiert.
Andersen in schiefem Licht
Als Enrons Wirtschaftsprüfer geriet Andersen zuletzt in die
Kritik, da Andersen bereits im Februar von Problemen rund um Enrons
hochriskante Partnerschaften gewusst haben soll. Andersen hatte als
Bilanzprüfer das Verfahren genehmigt, Risiken in Milliardenhöhe durch
Partnerschaften außerhalb der Konzernbilanz festzuhalten. Dies führte
im vergangenen Jahr dazu, dass der Enron-Gewinn rückwirkend um 600
Mill. Dollar (680 Mill. Euro/9,4 Mrd. S) nach unten korrigiert wurde.
Enron hatte Anfang Dezember 2001 Gläubigerschutz nach dem
US-Konkursrecht beantragt.
Andersen entließ in der vergangenen Woche den für Enron
verantwortlichen Partner David Duncan. Zuvor war bekannt geworden,
dass Duncan Akten vernichten ließ, als die Börsenaufsicht SEC
Informationen zu Enron verlangte. "Unserer Meinung nach hat Duncan
mit der Vernichtung der Dokumente auf jeden Fall ein extrem
schlechtes Urteilsvermögen gezeigt", sagte Berardino. Er verteidigte
sein Unternehmen gegen den Vorwurf, Andersen habe als Gegenleistung
für die Honorare in Höhe von jährlich rund 100 Mill. Dollar mögliche
Interessenkonflikte und die Finanzierungen außerhalb der Bilanz
gebilligt.
"Aber wir sind ein 10-Mrd.-Dollar-Unternehmen. Dieser Kunde hatte
einen Anteil von einem Prozent an unseren Einnahmen", sagte
Berardino. "Die Leistungen, die wir für Enron erbracht haben, waren
in jedem anzunehmenden Fall angemessen und dem Aufsichtsgremium und
den Aktionären mitgeteilt worden."
Ermittlungen wegen Aktenvernichtung
Enron
geht Berichten über die Zerstörung von Akten in seiner Firmenzentrale
in Houston nach, die nach dem Beginn der staatlichen Ermittlungen
begonnen haben soll. Dies teilte ein Anwalt des Konzerns am
Montagabend mit.
(APA/Reuters)