Unternehmen
Ministererlaubnis kann in Deutschland Kartellamtsverbote aushebeln
Extrem selten und höchst umstritten
Berlin - Nach dem Veto des deutschen Bundeskartellamts
gegen die Machtübernahme des E.ON-Konzerns bei Ruhrgas bleibt das
Einschreiten der Politik die letzte Rettung. E.ON kündigte am Samstag
bereits an, eine Ministererlaubnis im Bundeswirtschaftsministerium zu
beantragen. Die Erlaubnis ist extrem selten und höchst umstritten. Die Möglichkeit, Entscheidungen des Kartellamtes per
Ministererlass aus dem Weg zu räumen, gibt es im deutschen Recht seit
1973. Geregelt ist dies im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
(GWB). Die Sondererlaubnis kann demnach erteilt werden, "wenn
ausnahmsweise die Beschränkung des Wettbewerbs aus überwiegenden
Gründen der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls notwendig ist".
Erst sechs Fälle
Bisher gab es in Deutschland nur sechs Fälle. Die letzte datiert
aus dem Jahr 1989. Damals gelang es Daimler-Benz per Erlass von
FDP-Wirtschaftsminister Helmut Haussmann, die Fusion mit dem Luft-
und Raumfahrtkonzern Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) durchzuboxen.
Dies war aber nur unter hohen Auflagen möglich, darunter der Verkauf
der MBB-Beteiligung am Panzerbauer Krauss-Maffei, der vollständige
Ausstieg aus der Marinetechnik sowie die vorgezogene Übernahme des
finanziellen Risikos bei Airbus. Bei der damals in der Opposition
stehenden SPD rief die Ministererlaubnis Empörung hervor. Vertreter
der Partei drohten, gegen die Entscheidung vor Gericht zu ziehen.
Das Verfahren für eine Ministererlaubnis ist langwierig. Formal
müssen die betroffenen Unternehmen nach einer endgültigen Ablehnung
durch das Kartellamt einen Antrag im Bundeswirtschaftsministerium
einreichen. Dann muss zunächst die Monopolkommission, ein
Wissenschaftsgremium, eine Stellungnahme abgeben. Erst dann darf der
Minister seine Entscheidung bekannt geben. Für das ganze Verfahren
bleiben dem Ministerium bis zu vier Monate Zeit. (APA)