Düsseldorf - Vor gut 20 Jahren betritt eine gänzlich
unbekannte Punkband aus Düsseldorf eine Bühne in Bremen. Sie nennen
sich Die Toten Hasen - "weil Ostern war", erinnert sich Sänger
Campino (39) grinsend. Der Ohren betäubende und an Akkorden arme
Sound findet schnell Fans. Inzwischen sind die Toten Hosen
Deutschlands erfolgreichste Punkrocker - ihr Ruhm reicht bis
Argentinien und Australien. Morgen, Montag, bringen sie ihr 16. Album
"Auswärtsspiel" auf den Markt, und im Februar gehen die "Hosen"
erstmals seit zwei Jahren auf Tournee, die sie auch für drei Termine
nach Österreich führt.
"Jede Platte und jede Tournee kann die letzte sein, wir hauen
alles rein, was da ist", kündigt Bassist Andi an. Auch nach 20 Jahren
gebe es keine schriftlichen Verträge der Band-Mitglieder. "Wir
verlängern wie Fußball-Veteranen von Saison zu Saison per
Handschlag."
"Graue Panther"
Mit dem neuen Lied "Graue Panther" kontern die Düsseldorfer
ironisch alle Fragen nach ihrem Un-Ruhestand. "Wie lange soll das
denn noch gehen?", fragen die Platten-Millionäre selbstironisch und
singen über Rheuma, Depressionen und Hodenkrebs. "Wir sind einfach
schweinealt", sagt Sänger Campino.
Die neue Platte ist dennoch härter als die vorige CD - und die
Tournee mit 80 Auftritten wird Monate dauern. Ihre beiden
"Heimspiele" zum Tour-Auftakt in der Düsseldorfer Philipshalle im
Februar waren nach wenigen Stunden ausverkauft. "Das werden zwei böse
Abende werden", verspricht Campino. Die Popularität der Punker
scheint jedenfalls nicht gelitten zu haben. Im Vorverkauf sind
bereits Wochen vor Beginn der Tour etwa 110.000 Karten abgesetzt
worden. "Darüber haben wir uns sehr gefreut. Nach so langer Zeit weiß
man nicht, wo man steht", berichtet Campino. In Österreich sind die
Hosen am 24. Mai (Arena Open Air), am 25. Mai in Innsbruck (Hafen)
und am 26. Mai in Bregez (Festspielhaus) zu sehen.
Die Karriere der Toten Hosen ist gespickt mit gezielten
Provokationen und Skandalen. Auch beim neuen Stück "Kein Alkohol (ist
auch keine Lösung)" haben einige Radiosender bereits angekündigt, das
Lied wegen einer pikanten Textzeile nicht zu spielen.
Andererseits schlagen die Düsseldorfer Rockstars politisch
leisere, fast staatstragende Töne an: Im neuen Stück "Kanzler
sein..." bekommt Gerhard Schröder reichlich Verständnis - wenn auch
augenzwinkernd. "Es gibt keine ernsthafte Alternative zu Schröder",
setzt Campino nach. "Unsere Konzerte in Bayern werden im Wahlkampf
aus vielerlei Gründen interessant."
Auf den aktuellen Musikbetrieb mit seinen Retorten-Bands, die für
Zielgruppen marktgerecht gecastet werden, blicken die Rheinländer
angesichts ihres eigenen Erfolgs gelassen: "Die Leute bekommen, was
sie verdienen. Wieso sollten ausgerechnet wir uns darüber aufregen?"
Als Musiker haben die Toten Hosen fast alles erreicht: Sie haben
mehrere Millionen Schallplatten verkauft, sind in 28 Staaten
aufgetreten, haben mit AC/DC, U 2 und den Rolling Stones gespielt.
Sie tauchten mit ihren Instrumenten in Gefängnissen, Nervenkliniken,
im Kloster, auf dem Düsseldorfer Rosenmontagszug und sogar in den
Wohnzimmern ihrer Fans auf.
Trotzdem haben die Altbier-Punker noch Wünsche: "Wir würden gerne
mal in Kolumbien spielen - in Medellin, das würde es bringen." Für
den Soundtrack zum Südamerika-Tripp ist gesorgt - auf der neuen
Platte gibt es eine Cover-Version von "Cokane in my brain (Kokain in
meinem Hirn)". (APA/dpa)