Kolumbien ist ein gescheiterter Staat, kein Schurkenstaat. Aus der Sicht der USA - und vieler anderer Länder - läuft das in diesem Falle aber fast auf dasselbe hinaus. Es gibt in Kolumbien nämlich weite Gebiete, die sich der effektiven Kontrolle durch die Regierung in Bogotá entziehen.

Das müsste den Rest der Welt nicht weiter kümmern, wenn aus diesen Regionen nicht für andere Staaten Destabilisierung drohte. Deshalb liegt es nicht nur im Interesse von Kolumbiens Präsident Andrés Pastrana, den kompromissresistenten Farc-Rebellen, die in den letzten Jahren von Freiheitskämpfern zu Banditen mutiert sind, ihr Herrschaftsgebiet zu entziehen.

Im Vergleich zu den beiden anderen großen kolumbianischen Störenfrieden, die ebenfalls auf der neuen US-Liste internationaler Terrorgruppen stehen - den linksgerichteten ELN-Rebellen und den rechten Paramilitärs -, haben sich die Farc besonders viele Feinde gemacht.

In Kolumbien selbst sind sie als Menschenräuber berüchtigt. Den USA sind sie zum einen ein Dorn im Auge, weil sie von Drogenbauern und -baronen "Steuern" verlangen - und sie im Gegenzug vor Nachstellungen schützen. Nicht zuletzt deshalb hat Washington für den "Plan Colombia" milliardenschwere Dollarhilfen überwiesen, die auch der militärischen Bekämpfung des Drogenhandels dienen.

Zum anderen sehen die USA mit Sorge den Zustrom kolumbianischer Immigranten, die die chaotische Lage in ihrem Land nicht mehr ertragen. Zwei Millionen Menschen hat der 38-jährige Bürgerkrieg bisher zur Flucht aus ihren Dörfern gezwungen. Nicht wenige von ihnen streben auch in Nachbarländer wie Ecuador und Peru. Brasilien befürchtet zudem eine Verlagerung des Drogenanbaus in die eigene Amazonasregion.

Selbst Europa hat von den Farc genug: Wer IRA- und Eta-Terroristen im Sprengstoffeinsatz schult, schafft sich - gerade nach dem 11. September - nicht nur in London und Madrid Gegner. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 11.1.2002)