International
Straßburg: Gerichtshof für Menschenrechte erstickt in Klageflut
14.000 Beschwerden markieren Rekord - Italien nimmt Spitzenplatz ein
Straßburg - Der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte hat im zu Ende gegangenen Jahr erneut eine Rekordzahl
von Beschwerden bewältigen müssen. Wie der Präsident des
Gerichtshofs, Luzius Wildhaber, am Montag erläuterte, wandten sich
2001 fast 14.000 Bürger an die Straßburger Richter. Dies war im
Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme von 32 Prozent. Auch die Zahl der
Urteile sei um 30 Prozent auf 889 angestiegen, betonte Wildhaber.
"Damit wurden alle Rekorde gebrochen". Spitzenreiter bei der Zahl der
Verstöße gegen die Menschenrechte war Italien. Erneut forderte der Schweizer die Mitgliedsstaaten des Europarats
auf, angesichts der seit Jahren wachsenden Klageflut die finanzielle
und personelle Ausstattung des Gerichtshofs zu verbessern. Mit einem
größeren Arbeitsaufwand allein sei dem Problem nicht mehr
beizukommen, zumal nichts auf eine Verlangsamung des Trends hinweise.
Die 43 Richter (je einer pro Mitgliedsstaat des Europarates)
wiesen fast 9.000 Beschwerden als unbegründet zurück. An der Spitze
der Verurteilungen lag Italien (413 Urteile), gefolgt von der Türkei
(229), Frankreich (45) und Großbritannien (19). Rom stand nach
Aussagen Wildhabers vor allem wegen zu langer Prozessdauer am
Pranger, die Türkei wegen Untätigkeit der Justizbehörden bei
angeblichen Misshandlungen von Festgenommenen, Folter und fehlender
Entschädigung von Enteignungen.
Der Straßburger Gerichtshof hat die Aufgabe, die Einhaltung der
Europäischen Menschenrechtskonvention durch die Europaratsländer zu
überwachen. An ihnen können sich Bürger wenden, die sich als Opfer
einer Grundrechtsverletzung erachten. Die Urteile der Straßburger
Richter müssen von den betroffenen Staaten umgesetzt werden.(APA/dpa/AP)