Wien - Gelegentlich braucht persönliche Anschauung etwas Verallgemeinerung. Am Montag ließ sich damit zum Beispiel feststellen: Es stimmt gar nicht, dass ganz Österreich momentan ein Lazarett ist. Ob Influenza, grippaler Infekt oder schnöder Schnupfen - das saisonale Siechtum ist derzeit ein eher unterdurchschnittliches. Von Epidemie kann nicht einmal annähernd die Rede sein. Die Virologen haben zwar bereits Influenza-Viren in Österreich diagnostiziert, genauer Influenza A Subtyp H3N2 (Stamm A/Panama/2007/99) und Influenza B Typ (Stamm B/Sichuan/379/99). Allein: Die Zahl der Erkrankungen blieb in Grenzen. In Wien etwa - dort führt die Magistratsabteilung 15 Buch über die Grippe-Neuerkrankungen - sind die Ansteckungen von der zweiten auf die dritte Woche 2002 sogar zurückgegangen. Ein Grund dafür könnte laut Franz Xaver Heinz vom Institut für Virologie an der Universität Wien sein, dass beide Stämme in den Influenza-Impfstoffen für diesen Winter enthalten sind. Bei der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) indes hieß es, die Zahl der Krankenstände sei saisonal gestiegen: Laut Friedrich Fuchs, dem stellvertretenden ärztlichen Direktor der WGKK, sind derzeit 26.700 Versicherte im Krankenstand. Das seien rund 3,7 Prozent der WGKK-Kundschaft. Ein Spitzenwert sei dies aber nicht, im Vorjahr erreichte der entsprechende Wert um die gleiche Zeit knapp vier Prozent. Die "Hitliste" der Krankenstandsgründe führen Erkältungskrankheiten an. Auch die klassische Grippe sei vertreten - aber, so Fuchs, "Epidemie ist das keine". Es könne zwar noch einen Anstieg der Zahlen geben, er wolle die Situation aber nicht krank reden. Der Grund: "Wird zu viel über die Krankheitssaison geredet, steigt auch die Zahl der ,Trittbrettfahrer'." (chr, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. 1. 2002)