Jeff Bezos hat sein Versprechen gehalten. Der Gründer und Vorstandschef des knapp sieben Jahre jungen weltgrößten Medienhändlers Amazon.com hat den Investoren an der Wall Street das erhoffte Signal geliefert: den ersten Gewinn der Unternehmensgeschichte. Siegerstraße Der Konzern hat im vierten Quartal - zum ersten Mal überhaupt - einen Nettogewinn von fünf Millionen Dollar (5,7 Millionen Euro/78,1 Millionen Schilling) erwirtschaftet und damit die aufgrund des Weihnachtsgeschäfts optimistischen Erwartungen übertroffen. Nettogewinn Amazon teilte am Dienstag in Seattle mit, der Nettogewinn nach Kosten für Übernahmen, Aufwendungen für Aktienoptionen und Zinsen liege bei einem US-Cent je Aktie - nach einem Minus von 1,53 Cent je Aktie und einem Nettoverlust von 545 Mio. Dollar im Vorjahreszeitraum. Über den Erwartungen Der Umsatz ist sogar deutlich über die Erwartungen der Analysten hinaus gewachsen, nämlich um 15 Prozent auf 1,12 Milliarden Dollar. Ausschlaggebend dafür war das gute Weihnachtsgeschäft, heißt es. Insgesamt kauften - einer aktuellen Studie zufolge - 29 Millionen Menschen in den USA Geschenke über das Internet und gaben dafür im Schnitt 330 Dollar (374 Euro) aus. Die meisten Interneteinkäufer erklärten als Begründung für den Kauf mit der Maus, sie hätten auf diese Weise Zeit und Geld gespart. Gut aufgestellt Gut für Amazon, die durch geschicktes Schmieden von Allianzen mit traditionellen Retailern - etwa der Buchgruppe Borders Group oder dem Diskonthändler Target sowie dem Spielwarenmulti Toys'R'Us - das Imperium stark erweitert haben. Gestärkt ist Amazon auch nun durch die jahrelangen Bestrebungen, Distribution und Warenmanagement zu verbessern. Ein ganzes Bündel von Maßnahmen, darunter besonders die Reduktion der Fehlerquote im Bestellungsmanagement, haben Amazon wesentliche Einsparungen gebracht, die nun schlagend werden, kommentieren Analysten. Die Fehlerquote wurde halbiert und liegt nun unter fünf Prozent. Gut für den Kurs Für den Aktienkurs schaut es nach dem gehaltenen Versprechen gut aus: Innerhalb eines Jahres hatte Amazon rund die Hälfte des Kurswertes (auf rund zwölf Dollar) verloren. Am Dienstag stiegen Amazon-Papiere vorbörslich aber bereits um gut 20 Prozent. Händlern zufolge sei dies aber mit Vorsicht zu genießen und noch nicht als Trend zu werten. Immerhin steht die Wall Street im Banne der Berichtssaison, allein in dieser Woche liefern 35 Prozent der Unternehmen im S&P-Index ihre Zahlen ab. (Reuters, kbau - DER STANDARD Printausgabe, 23. 1. 2002)