Deutschland
NPD-Verbot droht zu scheitern
Vorstandsmitglied offenbar für Verfassungsschutz tätig
Karlsruhe - Das deutsche Bundesverfassungsgericht
(BVG) hat die Termine für die mündliche Verhandlung zum NPD-Verbot
aufgehoben, weil ein Vorstandsmitglied der rechtsextremen Partei
offenbar für den Verfassungsschutz tätig war. Wie das BVG am Dienstag
in Karlsruhe mitteilte, wurde das Gericht vom Bundesinnenministerium
darüber informiert, dass eines der zur mündlichen Verhandlung
geladenen NPD-Mitglieder ein V-Mann sei. Ein Landesamt für
Verfassungsschutz habe ihm eine Aussageerlaubnis erteilt. Insgesamt
waren zu den fünf Verhandlungstagen unter anderem 14 NPD-Mitglieder
geladen, davon sieben Mitglieder des Bundesvorstandes. Die
Verhandlung sollte Anfang Februar beginnen. Bei dem V-Mann handelt es sich dem BVG zufolge um ein langjähriges
Mitglied des Bundesvorstandes und des Vorstandes eines
NPD-Landesverbandes. Dessen Äußerungen seien mehrfach als Beleg für
die Verfassungswidrigkeit der NPD angeführt worden.
Grünen fordern "rückhaltlose Aufklärung des Vorgangs"
Laut BVG wirft dieser Sachverhalt "prozessuale und materiale
Rechtsfragen" auf, die bis zum Verhandlungstermin nicht geklärt
werden könnten. Die Verhandlung zu den Verbotsanträgen von
Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat sollte ursprünglich am 5.
Februar beginnen. Weitere Termine waren der 6., 7., 19. und 20.
Februar. Bundestag, Bundesrat und Regierung hatten ihre
Verbotsanträge unter anderem damit begründet, dass die NPD "auf aktiv
kämpferische, aggressive Weise" die freiheitliche demokratische
Grundordnung beseitigen wolle.
Der rechtspolitischer Sprecher der Grünen Volker Beck sagte der
Nachrichtenagentur AFP, seine Partei fordere eine "rückhaltlose
Aufklärung des Vorgangs". Innenminister Otto Schily müsse dazu am
Mittwoch im Innenausschuss Stellung nehmen. "Es ist ein
eigentümlicher Vorgang, dass ein Landesamt für Verfassungsschutz
Berichte über Aussagen einer Person weiter übermittelt, ohne die
Verfasser der Klageschrift darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei
um einen ehemaligen V-Mann des Verfassungsschutzes handelt."
Das BVG hat folgende NPD-Funktionäre aus dem Bundesvorstand als
Auskunftspersonen geladen: den Vize-Vorsitzenden Holger Apfel, den
Bundesschatzmeister Erwin Kemna, das ehemalige Mitglied der
inzwischen verbotenen Nationalistischen Front, Jens Pühse, den Chef
der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN), Sascha
Roßmüller, den ehemaligen JN-Funktionär Jürgen Distler, den
Landesvorsitzenden von Thüringen und Bundesgeschäftsführer Frank
Schwerdt sowie die Funktionärin Doris Zutt. (APA/AP)