Wien/St. Pölten - "So kann der Europäische Verkehrsknoten Wien nicht Wirklichkeit werden - so bleiben wir eine kleine Hauptstadt im Osten Österreichs", empörte sich der Wiener Planungsstadtrat Rudolf Schicker (SP) am Dienstag über den neuen Generalverkehrsplan des Bundes (DER STANDARD berichtete). Im Gegensatz zu den Vorverhandlungen im November seien wichtige Infrastruktur-Vorhaben in der Endfassung wieder zurückgereiht worden.

Wie der Bahnhof Wien, der auf dem Gelände zwischen Süd- und Ostbahnhof errichtet werden soll: Dessen Verwirklichung sei nun wieder von 2011 auf nach 2020 verschoben worden. Dies sei ein essentielles Projekt, um den internationalen Durchgangsverkehr zu ermöglichen, den Flughafen Wien an die Westbahn anzubinden - und um einen neuen Stadtteil am bisherigen Bahnhofsgelände errichten zu können. Auch beim so genannten Nahverkehrsgeschoß am Südbahnhofgelände seien die Kosten "unrealistisch niedrig angesetzt". Weiters sei der Ausbau des Güterverkehrsknotens Freudenau verschoben - und der Bau des Frachtenbahnhofs Inzersdorf in zwei Etappen geteilt worden.

Häupl: Verwechslung von Realisierungs- und Finanzierungszeitraum

"Da wird beim Bund der Realisierungs- mit dem Finanzierungszeitraum verwechselt", assistierte auch Bürgermeister Michael Häupl (SP). "Derartige Projekte können auch mit einem Partner - wie einem Investinstitut - kurzfristig realisiert und längerfristig ausfinanziert werden. Wenn das nicht geschieht, werden wir zur Lachnummer in Europa."

Dabei hat Wien gerade erst sein "TINA-Büro" (Transport Infrastructure Needs Assesment) neu strukturiert, in dem die Vorbereitungen für die Erweiterung der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN) in Richtung Osten vorbereitet werden. Schicker: "Ein wesentlicher Joker für den zukünftigen TEN-Knoten Wien."

Kadenbach: "Desasterplan"

Ebenso harsche Kritik kam am Dienstag aus Niederösterreich: SP-Geschäftsführerin Karin Kadenbach erklärte den Generalverkehrsplan zum "Desasterplan" für die Standortqualität und die Bedürfnisse der Pendler. Das Paket berücksichtige die Erfordernisse der Ostregion im Hinblick auf die EU-Erweiterung nicht. Unausgewogenheiten zwischen Regionen würden festgeschrieben, ebenso infrastrukturelle "weiße Flecken" Niederösterreich-Nord. Notwendig sind laut Kadenbach neue Grenzübergänge zu Slowakei und Tschechien, auch die Lkw-Maut müsse umgehend eingeführt werden.

Dafür tritt auch der Verkehrsclub Österreich ein - allerdings: Deren Höhe müsse 40 und nicht die geplanten 25 Cent pro Kilometer betragen, sonst sei der Schwerverkehr nicht von der Straße auf die Schiene zu verlagern. (chr, frei, Der Standard, Printausgabe, 23.01.02)