Wirtschaft
Caritas-Direktor fordert Reformdialog zur Arbeitslosigkeit
Wirtschaftsminister lehnt Forderung nach Mindestarbeitslosengeld ab - Wiener Rathausopposition spricht von Versäumnissen
Wien - Der Caritas-Direktor Michael Landau forderte am
Mittwoch einen Reformdialog zum Thema Arbeitslosigkeit. Die Forderung
ging direkt an die Adresse von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein
(ÖVP), der "carla", das "Car(itas)la(ger) Mittersteig", besuchte, um
Probleme der Arbeitslosigkeit, insbesondere Langzeitarbeitsloser zu
erörtern. Der Wirtschaftsminister formulierte erneut die
Vollbeschäftigung als Ziel der Regierung und versprach der Forderung
von Landau, einen Runden Tisch zum Thema Arbeitslosigkeit zu
installieren, gerne nach zu kommen.Das Spendenlager der
Caritas existiert seit 1985 und hat eine Kundenfrequenz von etwa 200 Menschen pro Tag. Seit 1990 gibt es
auch einen zweiten Standort im 21. Bezirk. In beiden carla-Standorten
stehen zusätzlich zum fix beschäftigten Personal im Rahmen des
"Arbeitsprojekts carla" 32 Transitarbeitsplätze zur Verfügung. Die
Anstellung erfolgt für maximal ein Jahr. In dieser Zeit soll der
Betroffene, unterstützt von Sozialarbeitern, für den Wiedereinstieg
in den freien Arbeitsmarkt "job-ready" gemacht werden.
Landau: "Staat ist verpflichtet"
Landau legte Wert auf die
Feststellung, dass Arbeit mehr als Existenzsicherung bedeute und
meinte: "Dort, wo der Staat die Pflicht zur Arbeit zur Voraussetzung
für den Erhalt sozialer Rechte macht, ist auch der Staat
verpflichtet!" Aktuelle Daten des AMS bestätigten, dass auf eine
Arbeitsstelle zwölf Menschen kommen.
Der Wirtschaftsminister hofft auf grundsätzliche Verbesserung der
Arbeitsmarktsituation nach Erholung der Konjunkturflaute. Die
Talsohle sei im Jänner erreicht worden, meinte Bartenstein, er hoffe
auf baldigen Aufschwung. Mit den derzeitigen 11.000 Langzeitarbeitslosen sei
man im internationalen Vergleich immer noch im "positiven"
Spitzenfeld, aber natürlich seien 11.000 Arbeitslose 11.000 zu viel.
Der Forderung von Landau nach einem Mindestarbeitslosengeld
erteilte der Minister eine Absage. Dies widerspreche dem
Finanzierungsprinzip und hätte eine Sozialhilfekomponente. Er
versprach aber Verbesserungen für Frauen und Männer mit
Betreuungspflichten. Er nannte etwa die die bereits beschlossene
"Sterbekarenz". "Mütter, und theoretisch auch Väter, sollen nicht
mehr unter dem Damokles-Schwert der Vollzeit stehen", meinte
Bartenstein. Das Recht auf Teilzeit soll im Rahmen der noch
bevorstehenden Neuregelung der Zumutbarkeitsbestimmungen
berücksichtigt werden.
ÖGB unterstützt Landaus Forderungen
Der Zugang zu aktiver Arbeitsmarktpolitik müsse allen
Arbeitslosen, egal ob sie einen Anspruch auf eine Leistung aus der
Arbeitslosenversicherung hätten oder nicht, offen stehen, hieß es am
Mittwoch von Seiten des ÖGB. Weiters halte man die Einführung eines
Mindestarbeitslosengeldes für nötig und unterstütze somit die
Forderung des Wiener Caritas-Direktors Michael Landau. Zusätzlich
formulierte die ÖGB in einer Aussendung die Forderung nach einer
bundesweiten Vereinheitlichung der länderweise unterschiedlich hohen
Sozialhilfen.
Wiener Rathausopposition spricht von Versäumnissen
Als unzureichend qualifizierten die Vertreter der
Rathausopposition am Mittwoch im Wiener Sondergemeinderat zur
steigenden Arbeitslosigkeit in der Bundeshauptstadt die von der
SP-Stadtregierung ergriffenen Maßnahmen zur Verbesserung der
Beschäftigungssituation. Die Grüne Gemeinderätin Monika Vana zeigte
sich vor allem durch die um 22,1 Prozent gestiegene
Frauenarbeitslosigkeit alarmiert. VP-Klubobmann Bernhard Görg
forderte ein Vorziehen von wirtschaftsbelebenden Maßnahmen. (APA)