Wien - In der Werbung ist die Welt der Jeans-Produzenten heil. Für die Textil-Arbeiter in den Billigstlohnländern sieht die Realität laut dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) aber weniger rosig aus. "Zwei Drittel der Hersteller oder Vertreiber von 16 Markenjeans waren nicht bereit, über die sozialen Verhältnisse überhaupt Auskunft zu geben", kritisierte Geschäftsführer Hannes Spitalsky am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Unter den Verweigerern waren den Konsumentenschützern zufolge so prominente Marken wie Diesel, Replay, Lee, Wrangler, Blaumax und Versace. "Ein beschämendes Ergebnis, das jeder Unternehmenskultur Hohn spottet, derer sich die Markenartikler so gerne rühmen", so Spitalsky. Im Bemühen, geeignete Schritte für die ethische Standards zu setzen, seien H&M (Hennes & Mauritz) und Levi Strauss am weitesten gekommen. Ansatzweises Interesse finde sich bei C&A und H.I.S. sportswear. Auskunftsbereit, aber ohne Festlegung der Kriterien, zeigte sich Trussardi. "Der Rest ist Schweigen", sagte der Geschäftsführer. Billiglohnländer Die Produktionsstätten der Markenjeanshersteller werden laut dem VKI zunehmend in Billiglohnländern angesiedelt, oder man bediene sich überhaupt lokaler Unternehmen. "Unvorstellbar: Gerade 13 bis 30 US-Cent pro Stunde - das sind zwei bis 4,60 Schilling/0,15 bis 0,33 Euro - verdienten Frauen 1998 in der You Li Fashion Factory in China, einem Sublieferanten von Esprit. Die Esprit-Jeans in unserem Test kostet dem Konsumenten 907,50 Schilling/65,95 Euro. Nicht einmal ein Prozent davon geht an die Arbeiterin", sagte Spitalsky. "Es fehlt an politischem Druck, die Unternehmen zu mehr sozialer Verantwortung zu zwingen", so der VKI-Geschäftsführer. Zwar gäbe es auf europäischer Ebene, auch durch Mitwirken der Gewerkschaften, Bemühungen um einen sozialen Ausgleich - "der Erfolg ist bisher bescheiden". Das von der EU-Kommission vorgelegte Grünbuch "Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen" lasse aber zumindest auf eine stärkere Behandlung des Themas hoffen. "Öffentlicher Druck ist notwendig" Die soziale Verantwortung ist, so der VKI, bei jenen Unternehmen am stärksten ausgeprägt ist, die in der Vergangenheit scharfen Angriffen - etwa von Clean Clothes - ausgesetzt waren. "Das heißt: Öffentlicher Druck ist notwendig, um die Manager wachzurütteln und wenigstens zu irgendeiner Reaktion zu veranlassen. Deshalb veröffentlicht der VKI im Februar-Konsument die E-Mail-Adressen jener PR-Manager, deren Marken im Ethik-Test vertreten sind. Mit der Aufforderung an die Leser, kritische Fragen zum Sozialkodex und dessen Kontrolle zu stellen", so Spitalsky. Verbraucher sollten auf den ersten Blick erkennen können, welche Standards ein Unternehmen anlegt und einhält. Die Lösung könnte ein Sozialsiegel sein, das auf Grundlage transparenter und objektiver Kennzahlen sowie Kontrollen durch unabhängige Stellen vergeben wird. Spitalsky räumte einem solchen Zeichen gute Chancen ein: "Aus der Reaktion unserer Leser auf die Ethik-Tests wissen wir, dass die Bereitschaft, sich beim Einkauf daran zu orientieren, groß wäre." (APA)