Wien - Bei der Verbundgesellschaft liegen offenbar die Nerven blank. Nach Temelín könnte nun der Deal mit dem deutschen Atomstromkonzern E.ON von Umweltschützern, FP-Politikern und der Kronen Zeitung ins Visier genommen werden. Die Sorgen sind nicht ganz unberechtigt: In der Strombranche mehren sich die Stimmen, die sich vorstellen können, dass die Wasserkraftehe des Verbunds zum politischen Tauschobjekt wird. Sprich: Verzicht auf Veto gegen Tschechien und dafür kein E.ON-Einstieg in Österreich.Dass es ein solches politisches Tauschgeschäft geben könnte, wird im Wirtschaftsministerium als völlig an den Haaren herbeigezogen bezeichnet. Brancheninsider orten dagegen schon eine Aufweichung der Position des Brautvaters Martin Bartenstein, des obersten Eigentümervertreters bei der Verbundgesellschaft. Derzeit hält der Bund 51 Prozent am Unternehmen. Entscheidend für das Gelingen der elektrischen Hochzeit dürfte aber sein, ob Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der die Stromfusion im Frühsommer zur Chefsache erklärt hatte, zu seinem Wort steht. Kollateralschaden Verbund-Vorstandssprecher Hans Haider will offenbar mit einer Vorwärtsstrategie verhindern, dass die Stromehe zum Kollateralschaden im Kampf gegen Temelín verkommen könnte. Haider hat unmittelbar nach dem Abstimmungsende schon längst bekannte Details der geplanten Kraftwerksehe brieflich noch einmal dargelegt. Erhalten haben diesen Brief neben zahlreichen Journalisten all jene Politiker in Bund und Ländern, die sich haupt- oder nebenberuflich mit dem Bereich Energie beschäftigen. Selbst wenn der Wirtschaftsminister als Eigentümervertreter des Verbunds den Deal politisch durchboxen kann, droht das Konsortium aus EVN, Wiener Stadtwerken und Tiroler Landesgesellschaft Tiwag, das eine Sperrminorität am Verbund hält, die Fundamente dieses Deals zu unterspülen. Noch wollen sich die Konsorten nicht darauf festlegen, ob sie der Wasserkraftehe ihren Segen geben werden, spätestens bei der Verbund-HV am 19. März muss das Stromtrio Farbe bekennen. Argumente in der Schublade Aber schon jetzt liegen die Argumente für ein Njet in der Schublade: Durch den Deal wird der Wert des Unternehmens und damit der vom Syndikat gehaltene Anteil geschmälert. Mit genau derselben Begründung hatte die Gruppe aus EVN, Wienern und Tirolern die innerösterreichische Stromfusion von Verbund, Energie AG Oberösterreich und steirischer Stromholding zur Energie Austria platzen lassen. Eine wichtige Hürde hat die Wasserkraftfusion schon genommen: Nachdem die EU- Kommission grünes Licht gegeben hat, dürfte die noch ausständige Zustimmung des österreichischen Kartellgerichts schon in den nächsten Wochen vorliegen, spätestens aber bei der Verbund-HV im März. Zumindest die Arbeiterkammer, die einen Feststellungsantrag gegen die Fusion eingereicht hatte, zieht diesen nun zurück. Zug für österreichische Stromlösung abgefahren Abseits aller rechtlichen Fragen des Verbund-Deals: Wenn das Unternehmen den deutschen Wunschpartner freit, ist der Zug für die von vielen beschworene österreichische Stromlösung abgefahren. Für die Branche heißt dies, dass Österreich nun zum Schlachtfeld der ausländischen Energieriesen wird. In der Steiermark und in Kärnten haben Electricité de France und die deutsche RWE schon ihre Claims abgesteckt. (DER STANDARD, Printausgabe 24.1.2002)