Der amerikanische Taliban-Kämpfer John Walker Lindh ist gut zwölf Stunden nach seiner Rückführung in die USA am Donnerstag erstmals vor Gericht erschienen. Der Richter im US-Staat Virginia verlas die Anklage gegen den 20-Jährigen, dem unter anderem Verschwörung zur Ermordung von Amerikanern im Ausland und Beihilfe zum Terrorismus vorgeworfen wird. Walkers Eltern konnten ihren Sohn vor der Anhörung erstmals seit mehr als einem Jahr sprechen. Walker sei in sehr guter Verfassung gewesen, sagte sein Vater Frank Lindh anschließend. Der 20-Jährige antwortete auf die Frage des Richters, ob er die ihm zur Last gelegte Anklage wegen Verschwörung zum Mord verstehe, mit Ja. Walker war von der US-Bundespolizei FBI unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen aus Afghanistan in die Heimat gebracht worden. Richter Curtis Sewell erklärte dem Angeklagten, dass er bis zu einer Anhörung am 6. Februar in Haft bleiben werde. Sollte Walker schuldig gesprochen werden, droht ihm lebenslange Haft. Ihm waren vor seinem Erscheinen vor Gericht der Bart abrasiert und die Haare geschnitten worden. In dem Gefängnis in Virginia wird auch Zacarias Moussaoui festgehalten, der nach den Terroranschlägen vom 11. September ebenfalls wegen Verschwörung angeklagt wurde. US-Präsident George W. Bush glaube, "dass Walker die Gerechtigkeit widerfahren wird, die er verdient", sagte Bushs Sprecher Ari Fleischer. In einem Fernsehinterview sagte Bush am Mittwochabend, er habe sich aus mehreren Gründen dafür entschieden, Walker nicht wegen Verrats anzuklagen. Im Ausbildungslager der El Kaida Die Anklage gegen Walker basiert auf seinen Aussagen, die er während der Befragung durch FBI-Beamte am 9. und 19. Dezember zu Protokoll gab. Walker verzichtete damals schriftlich auf das Recht auf einen Anwalt. Der Verteidiger James Brosnahan kündigte an, das Dokument anzufechten, weil bei der Unterzeichnung kein Anwalt zugegen war. Walker wurde im November bei der Belagerung der nordafghanischen Stadt Kundus von Kämpfern der afghanischen Anti-Taliban-Allianz festgenommen. Er erklärte bei seiner Festnahme, er heiße John Walker; der Anwalt seiner Eltern erklärte jedoch, er verwende den Familiennamen Lindh. In den FBI-Dokumenten hieß es, Lindh sei im Juni in einem Ausbildungslager der El Kaida gewesen. Dort habe er von den Ausbildern erfahren, dass der mutmaßliche Terrorist Osama bin Laden Leute in die USA geschickt habe, um dort mehrere Selbstmordattentate zu verüben. Lindh konvertierte im Alter von 16 Jahren zum Islam. Während einer siebenwöchigen Ausbildung in einem Lager der El Kaida traf der Bin Laden persönlich, wie aus den FBI-Unterlagen hervorging. Bin Laden habe ihm und vier weiteren Männern für ihre Teilnahme am Heiligen Krieg gedankt. Walker war im Fernsehen bei der Überführung ins Gefängnis auf dem Rücksitz eines Autos mit kahlrasiertem Kopf und bartlos zu sehen. Bisher waren die direkt nach der Festnahme aufgenommenen Bilder des völlig verwahrlosten Walkers mit langem Bart und wilder Haarmähne um die Welt gegangen. Die Eltern stellen ihren Sohn als unreifen jungen Mann dar, der von Extremisten fehlgeleitet wurde. Mutter Marilyn Walker sprach von "Gehirnwäsche". Die amerikanische Öffentlichkeit zeigt allerdings wenig Verständnis für den Kurs, den Walker eingeschlagen hat und spricht sich in Meinungsumfragen für eine harte Strafe aus. (APA)