Washington - Zwei Wochen nach Ankunft der ersten Gefangenen aus Afghanistan auf dem US-Marinestützpunkt in Guantanamo in Kuba sind die juristischen Fragen zum Umgang mit den Häftlingen weiter ungeklärt. Die US-Regierung ließ bisher offen, welche Art von Verfahren die Taliban- und El-Kaida-Kämpfer erwartet und auf welcher juristischen Grundlage es stattfinden soll. Die rechtlichten Fragen beginnen mit dem Ort des Gefangenenlagers. Die Enklave auf Kuba ist - anders als Botschaften im Ausland - kein US-Territorium. Damit befinden sich die mittlerweile 158 Gefangenen in einem juristischen Niemandsland, in dem die US-Gesetze und die Grundrechte der US-Verfassung für sie nicht gelten. Zudem hat die US-Regierung bisher offen gelassen, ob in den Verfahren gegen die Gefangenen die internationalen Standards beachtet werden sollen. Bisher betrachtet das Pentagon die Häftlinge als "gesetzlose Kämpfer" und nicht als "Kriegsgefangene". Der Status von "gesetzlosen Kämpfern" ist aber international nicht definiert, während für Kriegsgefangene die Garantien der Genfer Konvention von 1949 gelten. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld lässt nach eigenen Angaben derzeit allerdings prüfen, ob den Häftlingen nicht doch noch der Status von Kriegsgefangenen zuerkannt werden soll. Unabhängig von der Klärung ihres Status würden die Gefangenen derzeit nach den Vorschriften der Genfer Konvention behandelt, versicherte Rumsfeld. Sie schreibt vor, dass Kriegsgefangene gegen Misshandlung und Folter zu schützen sind. Laut Genfer Konvention ist als Kriegsgefangener zu behandeln, wer als Mitglied der Streitkräfte eines Landes gefangen genommen wird. Zudem können auch Kämpfer nicht-staatlicher Truppen den Status von Kriegsgefangenen erhalten, wenn sie als Soldaten eine Art von Identifikation bei sich trugen, sowie in einer Einheit operierten, die die internationalen Kriegsregeln anerkannte. Möglicherweise müssten nach diesen Kriterien die Taliban-Kämpfer als Kriegsgefangene anerkannt werden; die El-Kaida-Kämpfer dürften dagegen größere Schwierigkeiten haben zu belegen, dass sie die internationalen Kriegsregeln respektierten. Von der Klärung des Rechtsstatus hängt auch mit ab, welche Art von Verfahren die Gefangenen erwartet. Als Kriegsgefangene dürften sie nicht vor die von US-Präsident George W. Bush anvisierten Militärtribunale gestellt werden, die abgekürzte Verfahren und eingeschränkte Verteidigungsrechte vorsehen. Stattdessen müssten sie vor reguläre Militärgerichte oder Zivilgerichte gestellt werden. (APA)