Beirut - Bei der Explosion einer ferngesteuerten Autobombe in Beirut sind am Donnerstag der ehemalige libanesische Minister Elie Hobeika sowie fünf weitere Menschen getötet worden. Der einstige Chef des Geheimdienstes der Christenmilizen gilt als einer der Hauptverantwortlichen für das Massaker in den Palästinenserlagern von Sabra und Shatila 1982. In Beirut wollte trotzdem zunächst niemand an einen verspäteten palästinensischen Racheakt glauben. Stattdessen spekulierte man in Sicherheitskreisen, der israelische Geheimdienst Mossad habe den Sprengsatz gezündet, um den Libanesen an der Weitergabe von Informationen zu hindern, die den israelischen Regierungschef Ariel Sharon bei einem möglichen Prozess zu Sabra und Shatila in Belgien belasten könnten. Sharon war während der israelischen Libanon-Invasion Verteidigungsminister. Sein Büro hat bisher jede Stellungnahme zu dem Attentat verweigert. Beweise gegen Sharon angekündigt Hobeika hatte sich vor zwei Tagen mit einer belgischen Delegation getroffen, der er Beweise für seine eigene Unschuld und eine direkte Beteiligung Sharons an dem Massaker angekündigt hatte. Das bestätigte nach Angaben des arabischen TV-Senders Al Jazeera auch ein belgischer Anwalt. Eine derartige Tat könne nur von "den Israelis" geplant worden sein, sagte der libanesische Militärstaatsanwalt, Nasri Lahoud, am Tatort im Stadtteil Hazmieh. Der Sprengsatz sei in einer Mercedes- Limousine versteckt gewesen und genau in dem Moment explodiert, als Hobeika mit seinem Geländewagen vorbeifuhr, erklärte Lahoud. Nach ersten Informationen aus Polizeikreisen wurde Hobeika (45), der im Laufe der vergangenen 20 Jahre verschiedene politische Posten innehatte und zuletzt 1995 Elektrizitätsminister war, von der Wucht der Autobombe 50 Meter weit durch die Luft geschleudert. Mindestens sechs Passanten erlitten laut Polizei zum Teil schwere Verletzungen. Mehrere Häuser und zehn Autos wurden beschädigt. Die belgische Justiz will voraussichtlich am 6. März entscheiden, ob sie der Klage von 23 Überlebenden aus Sabra und Shatila statt gibt und wegen des Massakers in den beiden Lagern ein Gerichtsverfahren gegen Sharon eröffnet. In Belgien können Verstöße gegen internationales Recht auch dann verfolgt werden, wenn es keine direkte Verbindung zu Belgien gibt. Führer der Miliz Forces Libanaises (FL) Hobeika führte im libanesischen Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 die rechtsgerichtete Miliz Forces Libanaises (FL). Zunächst war er mit Israel, später mit Syrien verbündet. Seine Truppen fielen nach der Ermordung des gewählten libanesischen Staatspräsidenten Bashir Gemajel im September 1982 in Sabra und Shatila ein und verübten unter den Augen der israelischen Armee ein Massaker in den Palästinenserlagern. Die Angaben über die Zahl der Opfer schwanken zwischen mehreren hundert bis 3.000. Für das Attentat auf Gemajel wurden Palästinenser verantwortlich gemacht. Die Tat ist nach wie vor nicht aufgeklärt. Hobeika erklärte stets, dass er kein Kriegsverbrecher sei. 1993 sagte er in einem AP-Interview: "Ich denke, dass ich irgendwie mit meinen Taten im Krieg meine Zukunft verbrannt habe. Ich muss diese Last noch immer tragen, und ich habe viele schlimme Dinge getan." Zu Sabra und Schatila sagte er: "Ich habe Befehle ausgeführt." Einer seiner ehemaligen Leibwächter warf Hobeika vor zwei Jahren in einem Interview vor, in den 80er Jahren zahlreiche Attentate angeordnet zu haben. (APA/dpa/AP)