Hope Sandoval & The Warm Inventions:
Bavarian Fruit Bread
(Zomba)

Foto: Zomba
Dass Hope Sandoval mit ihrem Solodebüt "Bavarian Fruit Bread" durchkommt, erscheint erst einmal als ein Rätsel. Es ist nämlich fad. Nein, faaad! Aber die Langeweile, die sie mit ihrer Band The Warm Inventions verströmt, nährt sich aus einer tiefen Zufriedenheit, aus einem In-sich-selbst-Ruhen, das zusehends Schönheit offenbart. Aus einem Zustand also, der jedem halbwegs bei Sinnen seienden Menschen erstrebenswert vorkommen muss. Aufregung findet hier nicht statt: Eine in Zeitlupe gestreichelte Akustikgitarre, ein wie von fallendem Morgentau gespieltes Glockenspiel und ein an der Grenze zur Arbeitslosigkeit angesiedelter Bass begleiten Sandovals hingehauchte Texte. Diese klingen lolitahaft, sind jedoch jugendfrei und erinnern vielmehr an ein zärtliches Gewecktwerden an einem Sonntagmorgen. Dieser Gesang hat Tradition. In den 90er-Jahren schmachtete Sandoval bei Mazzy Star durchs Mikrophon, und die beiden Alben So Tonight That I Might See You und Among My Swan verkauften sich zumindest in den USA wie warme Semmeln. David Roback dröhnte damals mit einer introvertiert angelegten E-Gitarre, was seiner bereits bei Bands wie Rain Parade und Opal gepflegten Psychedelic-Vorliebe entsprach, oder versah die Songs mit Country-Anleihen. Nun ist Mazzy Star Geschichte, und ohne Roback steht Sandoval gänzlich im Zentrum. Zwar wünscht man sich manchmal einen druckvolleren Sound, allein Lautstärke oder "Geschwindigkeit" kommen nicht vor. Stattdessen bäckt Hope in aller Ruhe ihre bayrischen Früchtedingsbums, und zu Hause, im alten Kuschelpulli, den man nur trägt, wenn einen niemand sieht, vermeint man fast deren Geruch zu vernehmen: Selten war fad so schön. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. 1. 2002)