Twin Cities/Durham - Catherine Verfaille, belgische Direktorin des Stammzellen-Instituts der University of Minnesota in Twin Cities, hat im Knochenmark erwachsener Mäuse und Menschen etwas gefunden, was viele suchen: adulte Stammzellen, die so plastisch sind wie die umstrittenen embryonalen und sich in verschiedenste Gewebe ausdifferenzieren können.Zwar sind die Details noch nicht publiziert, und ähnliche Ansprüche erheben auch US-Firmen. Aber Verfaille ist eine renommierte Forscherin, und New Scientist online hat Einblick in den Patentantrag genommen, in dem die Zellen beschrieben sind. Demnach handelt es sich um "multipotent adult progenitor cells" (MAPCs), die aus dem Knochenmark von Versuchstieren und 70 Freiwilligen isoliert wurden und in Zellkultur seit zwei Jahren gedeihen, ohne Zeichen des Alterns zu zeigen. Verfaille konnte diese Zellen nicht nur in verschiedenste Gewebe ausdifferenzieren - Muskel, Knochen, Leber, aber auch in Neuronen. Sie hat einzelne Zellen markiert und dann Mäuseembryonen eingespritzt. Später zeigte sich die Markierung in allen Körpergeweben. Lässt sich das von anderen Forschern wiederholen, hätte man Zellen, die sich - anders als bisher bekannte adulte Stammzellen - so breit ausdifferenzieren können wie embryonale, aber deren ethische und technische Probleme vermeiden: Embryonale Stammzellen können zu Tumoren wuchern, in Verfailles Experimenten zeigte sich diese Gefahr nicht. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Stammzellen aus dem Knochenmark haben gerade auch Forscher der Duke University, Durham, bestätigt: Sie therapieren Neugeborene, die an der Immunschwäche SCID leiden, mit Transplantaten unspezifischer Stammzellen aus dem Knochenmark erwachsener Verwandter. Kommen diese Transplantate früh genug - in den ersten 28 Tagen -, haben sie laut Blood eine 95-prozentige Erfolgsrate: Sie ersetzen das den Kindern fehlende Immunsystem. (jl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. 1. 2002)