International
Annan bei Klestil und Ferrero-Waldner
UNO-Generalsekretär besorgt über "ernste Situation in Nahost" - Ferrero-Waldner will Wiener UNO-Sitz stärken
Wien - UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat am Dienstag in
Wien mit Nachdruck "eine gemeinsame internationale Initiative" zur
Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses gefordert. Man müsse
dabei "mit beiden Seiten" zusammenarbeiten, sagte Annan nach einem
Gespräch mit Außenministerin Benita Ferrero-Waldner vor der Presse.
Annan sprach sich damit gegen Bestrebungen aus,
Palästinenser-Präsident Yasser Arafat zu isolieren. "Wenn Arafat bis an die Grenze der Ohnmacht geschwächt wird, haben
wir ein großes Problem", erklärte Annan. Für den palästinensischen
Präsidenten, der von den Israelis praktisch unter Hausarrest gestellt
wurde, sei es "schwierig, zu führen". Er und "seine Institutionen
stehen unter großem Druck, wie kann er da erfüllen, was da die
internationale Gemeinschaft von ihm verlangt", fragte der
UNO-Generalsekretär.
Besonders Israel und die USA hatten den Palästinenser-Präsidenten
zuletzt massiv unter Druck gesetzt, die Gewalt zu beenden. Man müsse
Arafat "Raum und Zeit geben, um zu handeln", sagte der
UNO-Generalsekretär. "Beide Parteien müssen unter Druck gesetzt
werden, sich an den Verhandlungstisch zu setzen." Annan sprach sich
gegen die von den Israelis verlangte siebentägige Gewaltfreiheit als
Vorbedingung für Verhandlungen aus, da dies den "Extremisten ein
Vetorecht einräumt". Auch Ferrero-Waldner bezeichnete die
Sieben-Tage-Frist als "kontraproduktiv", da sie den Extremisten die
Chance böte, den Friedensprozess zu unterbrechen.
"Wir müssen die Streitparteien vom Abgrund wegbringen",
appellierte Annan an die internationale Gemeinschaft. Das Augenmerk
dürfe nicht nur auf die Sicherheit allein gerichtet werden. Diese
müsste auch mit der Verbesserung der Lebensbedingungen für die
palästinensische Bevölkerung und politischen Zukunftsaussichten
verbunden sein. Am Mittwoch trifft Annan in Wien auch mit dem
Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, zusammen, der
Dienstag Abend in der Bundeshauptstadt erwartet wird. Ferner ist ein
Gespräch mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel geplant.
Ferrero-Waldner sagte bei der Pressekonferenz, es sei ihr ein
Anliegen, die in Wien ansässigen UNO-Einheiten zu stärken. So bestehe
die Chance, die Kompetenzen des Wiener UNO-Büros für Drogenbekämpfung
und Verbrechensverhütung (ODCCP) auszuweiten, so etwa auf
Tätigkeiten im Kampf gegen den Terror oder auf technische Hilfe bei
der Ausarbeitung von Konventionen zur Verbrechensbekämpfung und beim
Aufbau eines Justizsystems in Afghanistan. Annan wird am Mittwoch in
der Wiener UNO-City auch Gespräche mit Mitarbeitern über die
Nachfolge des ODCCP-Direktors Pino Arlacchi führen. Er werde in Kürze
den "bestmöglichen Kandidaten" auswählen, so der Generalsekretär.
Arlacchi war im Dezember zurückgetreten, nachdem seine Amtsführung in
einem internen UNO-Bericht kritisiert worden war. (APA)