Kabul - Bei einem Kampfeinsatz von US-Spezialtruppen in Afghanistan soll es zu einem tragischen Irrtum gekommen sein. Statt der vermeintlichen Taliban-Kämpfer wurden nach Angaben von Dorfbewohnern Mitglieder einer Gruppe erschossen, die kurz zuvor versprengte Taliban-Kämpfer entwaffnet hatte. Nach Pentagon-Angaben wurden bei der Militäraktion in Hasar Kadam, 90 Kilometer nördlich von Kandahar, 15 Männer getötet und 27 gefangen genommen. Außerdem sei eine große Anzahl von Waffen zerstört worden.Nach afghanischen Angaben handelte es sich aber weder um Taliban- noch um Al-Qa'ida-Kämpfer, sondern um die Mitglieder einer Delegation, die im Auftrag von Kabul in der Region über die Entwaffnung von dort versteckten Kämpfern verhandeln sollte. Geleitet wurde die Gruppe von 18 Männern von Hadji Sana Gul, wie dessen überlebender Bruder Bari Gul mitteilte. Sie hätten die Taliban am vergangenen Donnerstag in Hasar Kadam dazu gebracht, ihre Waffen abzugeben, sagte Gul. Um die Gegend nicht in der Nacht verlassen zu müssen, hätten sie beschlossen, zusammen mit Dutzenden von anderen Leuten in der örtlichen Schule zu übernachten. Vor dem Morgengrauen seien dann US-Truppen eingedrungen und hätten seinen Bruder getötet, sagte Gul. Zwei der Toten seien mit hinter dem Kopf zusammen gebundenen Händen aufgefunden worden. Auf dem US-Militärstützpunkt in Kandahar sagte Major A. C. Roper am Sonntag vor Journalisten, die Berichte der Afghanen "stimmen nicht mit unseren Erkenntnissen überein". Er fügte hinzu: "Dieser Krieg ist fließend. Es ist ein ständig sich änderndes Schlachtfeld." (AP/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.1.2002)