Europa
Römisches Parlament sucht Lösung für Berlusconis Interessenskonflikte
Projekt für mehr Transparenz und Unabhängigkeit der Regierungsmitglieder sorgt für Auseinandersetzungen
Rom - Die römische Abgeordnetenkammer widmet sich derzeit
der heiklen Frage der Interessenskonflikte der Regierungsmitglieder.
Die Verfassungskommission der Deputiertenkammer überprüft
unterschiedliche Vorschläge, mit denen die politischen Blöcke die
Trennung zwischen wirtschaftlichen und politischen Interessen des
Regierungschefs und seiner Minister lösen wollen. Im Moment müssen die Abgeordneten ein von der Regierungskoalition
geforderte Projekt diskutieren, das von Berlusconis Vertrauensleuten
mit Unterstützung von drei internationalen Medienrechtsexperten
verfasst wurde. Vorgesehen ist darin die Gründung einer von den
Kammerpräsidenten ernannten Behörde aus drei Mitgliedern. Deren
Aufgabe ist es, alle Akten der Regierung zu überprüfen und
Interessenkonflikte aufzudecken.
Sollte die Behörde zum Schluss kommen, dass eine Initiative des
Kabinetts ein Regierungsmitglied, einen Staatssekretär oder den
Präsidenten einer Region begünstigt, muss sie dies dem Parlament
anzeigen. Wenn die Behörde ein bestehendes Gesetz durch eine
Initiative der Regierung verletzt sieht, kann sie Klage bei den
Justizbehörden einreichen. Die Behörde kann zwar die Verabschiedung
eines umstrittenen Dekrets oder Gesetzesantrags nicht verhindern. Sie
kann aber an den Staatspräsidenten appellieren, das vom Parlament
bereits verabschiedete Gesetz nicht zu unterzeichnen.
Vorschlag: besitzen ja, aber nicht verwalten
Ein weiterer Vorschlag aus den Reihen des Berlusconi-Blocks hat
dieser Tage in Rom großes Interesse geweckt: Das Projekt des
Präsidenten des Verfassungsgerichts, Vincenzo Caianiello, verbietet
Premier und Regierungsmitgliedern die direkte Beteiligung an einem
Unternehmen. Das Regierungsmitglied darf im Besitz eines Betriebs
bleiben, muss aber auf jegliche Verwaltungstätigkeit verzichten. Eine
für den freien Wettbewerb verantwortliche Behörde wacht über die
Transparenz und Unabhängigkeit der Regierungsbeschlüsse und zeigt
eventuelle Interessenskonflikte an.
Die Opposition fordert dagegen die Ernennung einer unabhängigen
Behörde, die Regierungsmitgliedern vorschlagen kann, während ihrer
Amtszeit ihr Unternehmen einem von der Kartellbehörde ernannten
Expertenteam (nach dem amerikanischen Blind Trust-System)
anzuvertrauen, das die Firma weiterführt. Dieser Vorschlag wird von
der Regierungskoalition jedoch entschieden abgelehnt.
Berlusconis Interessenkonflikte sorgen für ständigen politischen
Streit in Italien. Von der Verabschiedung eines ernsthaften Gesetzes
hängt seine Glaubwürdigkeit im Ausland ab. Wilde Spekulationen
kreisten vergangene Woche um das Gerücht eines möglichen Deals
zwischen Berlusconi und dem australischen Medienfürsten Rupert
Murdoch: Demnach soll Berlusconi einen beträchtlichen Anteil seiner
Mediengruppe Mediaset an Murdoch verkaufen wollen. (APA)