Inland
Entwicklungshilfe des Landes Kärnten in Gefahr
Beiratsmitglieder kritisieren Haider - FP-Strutz: "Bei uns heißt es Kärnten zuerst"
Klagenfurt - Die Mitglieder des Entwicklungspolitischen
Beirates sehen die Entwicklungspolitik des Landes Kärnten in Gefahr.
Seit rund einem Jahr habe es keine Sitzung des Beirates mehr gegeben,
seit eineinhalb Jahren gebe es kein Geld mehr, wurde am Dienstag bei
einem Pressegespräch in Klagenfurt geklagt. Der Beirat wurde im Jahr 1995 ins Leben gerufen. Das Land hat für
Entwicklungspolitik jährlich eine Million Schilling (72.673 Euro)
budgetiert. Derzeitiger Vorsitzender des Beirates ist Landeshauptmann
Jörg Haider (F) bzw. als sein Vertreter FPÖ-Klubobman Martin Strutz.
Der Beirat tritt zweimal im Jahr zusammen, für die Einberufung ist
der Vorsitzende zustänig.
Bis heute keine Behandlung im Landtag
"Die letzte Sitzung hat es am 12. März 2001 gegeben", sagte
Christine Hochsteiner vom Bündnis für Eine Welt/ÖIE. Bis heute seien
die damals als förderungswürdig bezeichneten Projekte nicht im
Landtag behandelt worden. Eine für den Herbst 2001 einberufene
Sitzung sei von Strutz kurzfrsitig abgesagt worden. Wiederholte
Anfragen bei ihm seien ohne Antwort geblieben. Auch ein Schreiben von
Beiratsmitgliedern an Haider vom Dezember 2001 sei bis dato
unbeantwortet.
"Wir machen uns Sorgen, dass unsere Partner auf Grund der
schlechten Erfahrungen mit dem Land Kärnten keine Projekte mehr
einreichen", sagte Hochsteiner. Dies wiederum könnte von der
Regierung als geringes Interesse an Förderungen angesehen werden, so
dass die Mittel überhaupt eingestellt werden, befürchtet sie.
Konkrete Gefährdungen
Sieglinde Falkinger vom Lateinamerika-Institut verwies darauf,
dass durch die Untätigkeit der Politik ein Projekt in Bolivien
gefährdet sei. Es handelt sich um die Bereitstellung von Saatgut,
wofür vom Beirat im März 2001 100.000 S (7.267 Euro) genehmigt
wurden. "Ein Brief vom 24. September 2001 an den Landeshauptmann mit
dem Hinweis, dass die Anbauzeit im November beginnt, blieb
unbeantwortet", stellte Falkinger fest.
Der Entwicklungshelfer Gerhard Payr teilte mit, dass für ein
Projekt zur Rettung des Waldes in Pakistan - ebenfalls vom Beirat
befürwortet - gleichfalls noch keine Mittel geflossen seien. "Das ist
der Ausdruck einer politischen Haltung, die für Kärnten als Waldland
nicht würdig ist", stellte er fest.
Winfried Süssenbacher von der Katholischen Aktion sagte, dass
durch die Haltung des Landes drei Staudämme für die Wasserversorgung
in Bolivien nicht errichtet werden könnten. Deshalb habe Bischof
Alois Schwarz den Landeshauptmann gebeten, "Etwas zu unternehmen".
Strutz: Bei uns heißt es Kärnten zuerst
Der freiheitliche Landesparteiobmann Martin Strutz weist die
Kritik einzelner Beiratsmitglieder des Entwicklungspolitischen
Beirates zurück: Die Entwicklungshilfe des Landes Kärnten sei nicht
in Gefahr, jedoch müsse genau geprüft werden, wie sinnvoll und
effizient einzelne Projekte sind.
Darüber hinaus stellt Strutz fest, dass die Mittel für Hilfe
suchende Menschen primär den Kärntnerinnen und Kärntnern zugute
kommen sollen. Zuerst sollten Sozialprojekte in Kärnten gefördert
werden, bevor Millionen nach Südafrika oder für Medienbeobachtung in
Lateinamerika sowie eine Erlebnisausstellung "Der Vordere Orient", um
nur einige Beispiele zu nennen, gepumpt werden. "Wir streben eine
Umschichtung der Mittel für wirklich bedürftige Menschen in unserem
Bundesland an", sagte Strutz.
Die Unterlagen der einzelnen Förderprojekte seien "äußerst
mangelhaft" und lassen in einer Effizienzüberprüfung erkennen, dass
sie hauptsächlich der "Versorgung einiger weniger Projektleiter
dienen, die Mittel bei den tatsächlich Betroffenen aber selten zum
Tragen kommen". Strutz kritisierte, dass die "Beiratsmitglieder ad
personam schon in der Vergangenheit Hauptnutznießer der eigenen
Förderungen, die sie selbst beschlossen hatten, gewesen sind." Im
"Erfinden" von Projekten seien "diese Damen und Herren äußerst
kreativ" gewesen.
Von einem Hühnerprojekt in Südafrika über ein Projekt "Kunst und
Erziehung" in Sao Paulo, das kreative Fähigkeiten durch
Theaterspielen hervorrufen soll, bis zu einer Erlebnisausstellung
"Der Vordere Orient", "bei der die Fördersumme ausschließlich dem
Honorar des Referenten und seiner Fahrtspesen dient", bis hin zu
einer so genannten "Medienbeobachtung" über Berichterstattung von
Lateinamerika liegen "äußerst dubiose und überprüfungswürdige"
Projekte am Tisch.
"Wir wollen mit dem Geld des Kärntner Steuerzahlers sinnvoll
haushalten und bei uns heißt es 'Kärnten zuerst'. Wir haben so viele
Not leidende Menschen auch in unserem Bundesland, diesen sollen diese
Mittel zukünftig zur Verfügung gestellt werden", sagte Strutz. (APA)