Welt
Akzeptanz für Gentechnik nimmt europaweit ab - außer in Österreich
Neues Buch beleuchtet Kontroverse um Gentechnik in Europa
Wien - In Österreich hat die Akzeptanz für Gentechnik in den
Jahren 1996 bis 2000 leicht zugenommen, europaweit jedoch abgenommen.
Das geht aus dem am Dienstag im ORF-Radiocafe in Wien präsentierten
Buch "Biotechnology 1996-2000 - the years of controversy" hervor. An
dem Werk sind auch Experten aus Österreich beteiligt, etwa von der
Universität Linz und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
(ÖAW).Rote und grüne Gentechnik
Ausgehend von einer ursprünglich starken Ablehnung vor allem der
so genannten grünen Gentechnik - also in den Bereichen Landwirtschaft
und Ernährung - in Österreich und einer deutlich höheren Akzeptanz im
restlichen Europa habe so in den vergangenen Jahren eine Annäherung
der Standpunkte stattgefunden, berichtete Wolfgang Wagner von der
Abteilung für Wirtschafts- und Sozialpsychologie der Uni Linz.
Europaweit einheitlich sei auch der Trend, dass die Menschen die
grüne Gentechnik deshalb eher skeptisch gegenüberstehen, weil sie
deren Nutzen für sich und die Gesellschaft nicht sehen. Die rote
Gentechnik - Bereich Medizin - sei dagegen eher akzeptiert.
Biotechnologie und insbesondere Gentechnik liefern nicht nur in
Österreich Stoff für hitzige Diskussionen. Eine Analyse der Autoren
des Buches zeigt, dass die Berichterstattung zu diesen Themen seit
1996 "dramatisch zunahm". Die Unterteilung in rote und grünen
Gentechnik zieht sich dabei durch alle Länder. Eine ähnliche Haltung
wie in Österreich - grüne Gentechnik eher nein, rote eher ja - ortete
Matthias Kohring vom Institut für Medienwissenschaften der
Universität Jena (Deutschland) etwa in Großbritannien, in Schweden,
in Griechenland und in der Schweiz. Beispielsweise in Deutschland sei
die Einstellung zur grünen Gentechnik weniger negativ als in diesen
Ländern und die Diskussion entsprechend ruhiger. Generell negativ
werde die Gentechnik - also auch die rote - in Portugal und Dänemark
beurteilt.
Forderungen des Volksbegehrens weiter "hochaktuell"
"Die ablehnende Haltung der österreichischen Bevölkerung gegenüber
Gentechnik in der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ist
ungebrochen", hieß es am Nachmittag in einer Stellungnahme von
Greenpeace. Zentrale Aussage der am Dienstag präsentierten Ergebnisse sind,
dass sich die österreichische Situation an jene Europas angleiche,
wobei laut der neuesten Eurobarometer-Umfrage etwa 70 Prozent der
EU-Bürger keine genmanipulierten Lebensmittel essen wollen. Dieser
Hintergrund relativiert die getroffenen Aussagen auf die Tatsache,
dass die so genannte grüne Gentechnik europaweit abgelehnt wird. Für
den Bereich der "roten Gentechnik", also der medizinischen
Anwendungen, sehe die Situation freilich anders aus, denn die
Konsumenten können hier "sehr wohl differenzieren".
"Die Diskussionen rund um gentechnisch verunreinigtes Saatgut im
vergangen Jahr hätten belegt, dass die Forderungen des
Gentechnik-Volksbegehrens 1997 hochaktuell sind, so Greenpeace. Keine
Freisetzungen genmanipulierter Organismen, keine
Gentech-Lebensmittel, keine Patente auf Leben. Selbst geringe
Verunreinigungen in genmanipuliertem Saatgut wurden in Österreich
nicht toleriert und insgesamt mehr als 2.000 Hektar Mais vernichtet,
erinnerte die Organisation. Gegen den Vorschlag von Industrie und
Politik sei am 1. Jänner 2002 die weltweit strengste Vorschrift zur
Regelung dieser Problematik in Kraft getreten
(APA)