Kosovo
Albaniens Premier nach Streit mit Parteichef zurückgetreten
Technokrat Meta sah sich "beispielloser Aggression" durch Hardliner Nano ausgesetzt - Konflikt um Ministerposten
Tirana - Wegen eines tiefen Zerwürfnisses mit
Parteichef Fatos Nano ist der albanische Ministerpräsident Ilir Meta
zurückgetreten. Er habe Staatspräsident Rexhep Meidani formell seine
Demission übergeben, sagte Meta am Dienstag in der Hauptstadt Tirana.
Während seiner Amtszeit sei er "verantwortungslosen Beschuldigungen
und Diffamierungen" Nanos ausgesetzt gewesen. Der gemäßigte
sozialistische Regierungschef unterlag damit in einem monatelangen
Machtkampf gegen den als politischen Hardliner geltenden Nano. Noch vor zwei Wochen hatte Meta das Ende des Streits verkündet und
eine weitgehende Umbildung seiner Regierung in Aussicht gestellt. Dem
Rücktritt Metas war am Mittag ein Treffen mit seinem Kontrahenten
Nano in der Parteizentrale der Sozialistischen Partei Albaniens
(PSSH) in Tirana vorausgegangen.
"Zerstörerischer Druck"
Es sei "beispiellos", dass ein Parteichef den Regierungschef der
eigenen Partei derart angreife, begründete Meta seinen Rücktritt vor
Journalisten. Er sei Opfer eines "zerstörerischen Drucks" und Ziel
einer "beispiellosen Aggression" von Nano geworden, so Meta. "Sie
wollen einzig und allein die Regierung stürzen." Es sei "beispiellos
in der demokratischen Welt, dass ein Teil der Mehrheit noch heftiger
gegen die selbst geschaffene vorgeht wie die destruktive Opposition".
Nano habe den politischen Druck auf ihn stark erhöht, seit er ihm
die Unterstützung für seine Kandidatur zur Präsidentschaftswahl im
Sommer versagt habe. Der Staatschef könne jedoch nur "mit breitem
politischen Konsens" gewählt werden. Nach der albanischen Verfassung
ist für die Wahl des Präsidenten, die bis Ende Juni stattfinden muss,
die Zustimmung von 60 Prozent der Abgeordneten notwendig.
"Faschistische Methoden"
Nano hatte mehrere Mitglieder der im September gebildeten
Regierung der Korruption bezichtigt und zwang damit vier Minister zum
Rücktritt. Die sozialistischen Abgeordneten im Parlament von Tirana
verhinderten daraufhin die Vereidigung von deren Nachfolgern und
blockierten die Arbeit der Regierung über einen Monat. Im Dezember
drohte Staatspräsident Meidani wegen des Streits zwischen Nano und
Meti sogar mit Neuwahlen.
Der sozialistische Parteichef hatte seinen Premier beschuldigt,
das Land "mit faschistischen Methoden" zu regieren und ihm eine enge
Verbindung zum organisierten Verbrechen unterstellt. Nano (49), der
1991 und 1998 selbst für kurze Zeit Regierungschef war, gilt als
Vertreter der älteren, ideologisch noch mit der Vergangenheit
verwachsenen Generation, während Meta den Flügel der nach Westen
orientierten Technokraten anführt.
Meta war im August von den regierenden Sozialisten mit großer
Mehrheit für eine zweite Amtszeit bestätigt worden, nachdem sie im
Juli die Parlamentswahl klar gewonnen hatten. Sie stellen 73 von 140
Abgeordneten in der albanischen Volksvertretung. Der 32-Jährige stand
seit Oktober 1999 an der Spitze der Regierung. Der diplomierte
Wirtschaftsfachmann machte sich während seiner Amtszeit unter anderem
für einen Beitritt Albaniens in die EU und die NATO stark. Kritiker
warfen ihm vor, zu wenig gegen das organisierte Verbrechen und die
grassierende Korruption in dem Balkanstaat unternommen zu haben.
Nach Ansicht von Beobachtern hat der Streit die Fähigkeit der
Regierung, sich der drängenden Probleme des ärmsten Landes Europas zu
widmen, stark beeinträchtigt und das Investitionsklima
verschlechtert. Eines der wichtigsten aktuellen Probleme ist die
durch den harten Winter ausgelöste Krise, wegen der in einigen
Landesteilen bereits der Ausnahmezustand verhängt wurde. Wegen der
vakanten Ministerposten war die Tätigkeit der Regierung praktisch
lahm gelegt. (APA/dpa/AP)