Staat & Justiz
Kärnten veröffentlicht VfGH-Spruch, nicht aber Begründung
"Willkürliches" Urteil - Prinzhorn: Institution dürfe nicht infrage gestellt werden
Wien/Klagenfurt - Das Land Kärnten wird das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs über zusätzliche Ortstafeln im Landesgesetzblatt veröffentlichen und damit dem Auftrag des Höchstgerichts nachkommen. Mit einer Einschränkung allerdings, wie Landeshauptmann Jörg Haider am Dienstag mitteilte. Veröffentlicht wird nur der Spruch, nicht aber die Begründung - weil "sich das Land damit nicht identifizieren kann", so Haider. Das Erkenntnis selbst sei "willkürlich". Der VfGH habe nicht das Recht, Prozentgrenzen vorzugeben. An der Sitzung des Volksgruppenbeirates am 7. Jänner in Wien werde das Land Kärnten übrigens nicht teilnehmen. Haider: "Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, dass es Verhandlungen auf Bundesebene gibt, bevor in Kärnten ein Konsens gefunden wird."
Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn meinte zur Kritik Haiders am VfGH: "Wir sollten im Ton verbindlicher und im Inhalt akzentuierter werden." Kritik sei absolut notwendig, doch dürfe diese nicht darin münden, eine Institution infrage zu stellen.
Verfassungsrechtler Öhlinger für Reform
Der Wiener Verfassungsexperte Theodor Öhlinger sprach sich am Dienstag für eine Reform des Verfassungsgerichts aus. Nirgendwo sonst auf der Welt gebe es Verfassungsrichter, die ihre Tätigkeit nicht hauptberuflich erledigen. Und kaum anderswo bleiben Verfassungsrichter bis zu ihrem 70. Lebensjahr im Amt.
Eine Ausschreibung der Posten der Mitglieder des VfGH ist - im Gegensatz zu jenen des Verwaltungsgerichtshofes und der ordentlichen Gerichte - nicht vorgesehen. Seit langem gebe es eine Absprache zwischen den großen politischen Parteien (SPÖ und ÖVP), die Bestellung des VfGH "fair untereinander aufzuteilen", stellt Öhlinger fest.
Für die SPÖ sind Änderungen im Verfassungsgerichtshof denkbar, meinte Klubchef Josef Cap. Er tritt dafür ein, auch die Minderheiten-Meinung bei Urteilen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. (APA, red, DerStandard,Print-Ausgabe,30.1.2002)