London - Der in Konkurs gegangene US-Energiekonzern
Enron hat in Großbritannien sowohl an die regierende Labour Party als
auch an die oppositionellen Konservativen Geld gespendet, um Zugang
zu Politikern zu bekommen. Dies räumte der frühere Europa-Chef von
Enron, Ralph Hodge, am Montagabend im britischen Fernsehen BBC ein.
Während die Konservativen durch ihren Vize-Geschäftsführer Tim
Collins "bedauerten", eine Enron-Spende von 25.000 Pfund (41.000
Euro) angenommen zu haben, bestritt ein Regierungssprecher, das
"Sponsoring" von Labour- Veranstaltungen durch Enron im Wert von
36.000 Pfund (59.000 Euro) habe irgendetwas mit zwei
energiepolitischen Kurswenden der Regierung zu tun. Einer Aufstellung von Downing Street 10 zufolge gab es zwischen
1998 und 2000 sieben Treffen zwischen Enron-Spitzenmanagern und
Ministern oder Staatssekretären der Blair-Regierung. Der
Premierminister selbst habe nicht zu den Gesprächspartnern gehört.
Hodge wurde 2001 auf Vorschlag der Regierung mit dem Orden "Commander
Of The British Empire" ausgezeichnet.
Nichts "Anrüchiges"
"Bargeld für politischen Zugang? Nein", sagte Hodge der BBC. "Aber
es gab den Wunsch, sich mit Ministern und Abgeordneten zu treffen,
und das Sponsoring von Veranstaltungen wurde in dieser Beziehung als
hilfreich betrachtet", sagte er. Während der Kontakte mit Enron gab
die britische Regierung ihren Widerstand gegen die Übernahme des
Unternehmens für Wasserversorgung Wessex Water durch Enron auf und
hob auch ein Moratorium für die Genehmigung neuer Gaskraftwerke auf.
Ein Regierungssprecher sagte, an den Gesprächen mit dem
Energieunternehmen sei "nichts Anrüchiges".
Der stellvertretende Geschäftsführer der Konservativen, Tim
Collins, sagte: "Ich bedauere die Tatsache, dass wir Geld von Enron
angenommen haben. Angesichts dessen, was wir heute über die Firma
wissen, wünschte ich, wir hätten das Geld abgelehnt." Enron hatte
auch einen führenden konservativen Politiker, Lord Wakeham, als
Mitglied des Aufsichtsrates eingestellt.
Rolle von Blair
Einem Bericht des "Guardian" zufolge hat ein Regierungssprecher
bestritten, dass die Änderung der Energiepolitik irgendetwas mit den
Spenden an Labour oder den Gesprächen mit den Enron-Vertretern zu tun
gehabt habe. Dem Blatt liege jedoch ein interner Vermerk eines Enron-
Direktors vor, wonach die britische Regierung keineswegs beabsichtigt
habe, das Moratorium bei der Genehmigung von Gaskraftwerken
aufzuheben.
Der Geschäftsführer der Konservativen, David Davis, forderte eine
Aufklärung im Parlament. "Die Frage ist, ob Tony Blair von den
Kontakten seiner Minister zu Enron-Bossen wusste und ob er
eingriff, um eine Veränderung der Politik zu bewirken. Der
Premierminister muss die Wahrheit über diese ganze Affäre und vor
allem über seine eigene Rolle dabei sagen." (APA/dpa)