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"Der Kampf gegen das Kernkraftwerk Temelín ist nicht nur wegen dessen Nähe zu Österreich wichtig. Es gibt einen strategischen Grund: Der Osten ist die letzte Zuflucht für die aussterbende Atomindustrie." Für die Umweltsprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, ist es eine Art Kolonialisierung, die seitens der Atomindustrie versucht werde. Ein Indiz dafür sei auch, dass in Westeuropa keine AKW mehr geplant werden.

In Sachen Temelín müsse jetzt endlich der "Krieg der Worte" durch eine "Geste des guten Willens" ersetzt werden, meinte die Grüne. Aufgrund der Vermischung von Nationalismus mit der Antiatompolitik in Österreich sei die Situation zwar schwierig, mit den Wahlen in Tschechien im Sommer und einer neuen Regierung öffne sich aber ein neues Verhandlungsfenster. Konkret forderte Glawischnig, dass bilateral weiterverhandelt wird und Österreich dabei ein Ausstiegsangebot unterbreitet.

Von "Hausaufgaben". . .

Außerdem müsse Österreich einmal die "eigenen Hausaufgaben" machen, ergänzte Josef Pühringer, Geschäftsführer der Plattform gegen Atomgefahr. Dazu zählt er: den Ausverkauf der E-Wirtschaft verhindern, den sofortigen Stopp der Atomstromimporte und die Förderung für Ökostrom. Er forderte ebenso "positive Signale" von Österreich an die Tschechen.

Dass "in der letzten Zeit vieles falsch gelaufen ist", meinte auch SP-Umweltsprecherin Ulli Sima. So habe Österreich mit dem Abschluss des Energiekapitels im Dezember des Vorjahres das wichtigste Element im Kampf gegen Temelín hergegeben. In Richtung des FP-Generalsekretärs Karl Schweitzer sagte sie: "Über 900.000 Menschen haben im guten Glauben das Anti-Temelín-Volksbegehren unterschrieben. Seit das Ergebnis bekannt geworden ist, hat man aber nichts mehr von der FPÖ gehört. Nennen Sie mir drei konkrete Maßnahmen!"

Es sei durchaus üblich, bereits geschlossene Kapitel wieder öffnen zu können, konterte der angesprochene FP-Generalsekretär. Dass es zu einem Veto kommen kann, glaubt selbst Schweitzer nicht wirklich. Mit einer neuen tschechischen Regierung könne auch neu verhandelt werden. Der Umweltsprecher des Koalitionspartners ÖVP, Karlheinz Kopf, nannte das Veto prinzipiell kontraproduktiv, denn solange man verhandeln kann, solle nicht "jeden Tag mit der Vetokeule gedroht werden".

Als möglichen Hebel für ein Aus Temelíns sieht Schweitzer - wie auch Sima - vor allem wirtschaftliche Argumente. Schweitzer: "In die Kosten gehört auch die spätere Lagerung einberechnet. Außerdem muss es eine Haftpflicht geben." Beide Faktoren würden eine Kostenexplosion bedeuten und damit das AKW Temelín unrentabel machen. "Man hat keine Möglichkeit, jemanden von einer wirtschaftlichen Dummheit abzuhalten", meinte später Kopf. Und: "Was nutzt die Einführung einer Haftpflicht in Europa, wenn Tschechien dann vielleicht gar nicht in der EU ist?"

. . . und globalen Zielen

Er gab sich pragmatisch: "Mit der Vereinbarung zwischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und dem tschechischen Premier Milos Zeman in Brüssel ist es gelungen, einen einklagbaren Rechtsstandard festzuschreiben. Ich gebe zu, das erfüllt nicht das globale Ziel." Es sei aber ein wichtiger Schritt, Temelín sicherer zu machen.

Vorsichtige Kritik an Schüssel kam vom FP-Generalsekretär: Mit Schüssels "eigenverantwortlichem" Verhandeln und "mit wenig Einfluss des Koalitionspartners" sei man zwar weitergekommen, aber "nicht so weit wie gewünscht".

Unterschiedlicher Auffassung sind die Koalitionspartner auch in der Frage einer Ausstiegskonferenz, die derzeit von den Tschechen abgelehnt wird. Während die FPÖ sich dafür einsetzen wolle, so Schweitzer, hält Kopf eine Konferenz ohne tschechische Beteiligung für wenig sinnvoll: "Das ist dann nur ein Tribunal über Abwesende."(DerStandard,Print-Ausgabe,30.1.2002)