Wien - Die Idee ist nicht neu. Neu aber ist, dass ein FPÖ-Politiker, nämlich Sozialminister Herbert Haupt, eine traditionell sozialdemokratische Idee aufgreift und eine wertschöpfungsbasierte Beitragsberechnung in der Krankenversicherung prüfen lässt. Das sagte Haupt Montagabend nach einem Treffen mit ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch und GPA-Chef Hans Sallmutter.

Derzeit werden die Krankenversicherungsbeiträge von der Lohnsumme berechnet (Angestellte: 3,5 % Dienstgeberanteil, 3,4 % Dienstnehmer, Arbeiter: 3,65 % DG, 3,95 % DN). Bei der Wertschöpfung würden zusätzlich zu den Löhnen etwa Abschreibungen und Gewinne der Unternehmen einbezogen.

"Das steht schon lang an, und man sollte endlich damit beginnen", spricht sich AK-Sozialexperte Helmut Ivansits klar für wertschöpfungsbasierte Beiträge aus. "Innerhalb der Unternehmer wäre es ein gerechteres System", so Ivansits: Denn kapitalintensive Betriebe müssten dann mehr zahlen als arbeitsintensive (mit vielen Dienstnehmern und hohen Lohnsummen). Arbeit wäre entlastet und die Kassen bekämen mehr Geld, wenn sich die Wertschöpfung besser entwickle als die Lohnsumme, "was in den letzten zehn Jahren klar der Fall war. Das wäre eine hochexpansive Beitragsquelle." Durch Rationalisierungen steigt die Lohnsumme nämlich nicht so stark wie das Bruttoinlandsprodukt. Der Anteil der beitragsrelevanten Lohnsumme am Volkseinkommen sinkt - und damit die Kasseneinnahmen.

Wifo-Referentin: Beiträge "sinnvoll"

Wifo-Arbeitsmarktreferentin Hedwig Lutz hält wertschöpfungsorientierte Beiträge "für sinnvoll". Wirtschafts-und Arbeitsmarkt hätten sich verändert und damit auch die Struktur der Beitragszahler.

"Indiskutabel", quittierte der Vizegeneralsekretär der Wirtschaftskammer, Reinhold Mitterlehner, eine mögliche Wertschöpfungsabgabe mit einem "klaren Nein".

In der ÖVP hielt sich die Begeisterung über Haupts Vorstoß in Grenzen. VP-Klubchef Andreas Khol sprach von "Meinungsäußerungen, aber noch nicht Ankündigungen einer konkreten Politik". Man wolle den Minister beim Nachdenkprozess nicht stören - "vielleicht sogar unterstützen", so Khol generös. Beitragserhöhungen schließe er aus. (nim,derstandard,Print-ausgabe,30.1.2002)