Zur Rettung der finanzmaroden Krankenkassen wurden schon viele Stoßgebete ausgesprochen. Alle hatten sie dasselbe Amen: keine Beitragserhöhungen. Auf diesen Tranquilizer setzt die Politik nun schon seit 1993 - offenbar gedenkt sie, dies auch noch länger zu tun. Ungeachtet der allgemein anerkannten Tatsache, dass sich die Schere zwischen Beitragseinnahmen und Gesundheitsausgaben bei den Krankenversicherungen kontinuierlich öffnet.

Mit seinem Vorstoß, die Beitragsbasis für die Krankenversicherung verbreitern zu wollen, ließ Sozialminister Haupt politischen Mut und Problembewusstsein erkennen. Ausgerechnet mit einer Wertschöpfungsabgabe, bei der neben den Löhnen auch Gewinne und Abschreibungen von Unternehmen einbezogen würden, will Haupt den Kassen zur Genesung verhelfen - eine Idee des Sozialdemokraten Dallinger. Dafür gab es Lob von Sozialexperten und eine demonstrative Abfuhr vom Koalitionspartner. Die ÖVP befand süffisant, Minister Haupt beliebe nachzudenken, dabei wolle man ihn nicht stören. Heißt so viel wie: nicht mit uns. Das sagt auch die Wirtschaftskammer.

Dabei ist die Idee grundvernünftig und hoch an der Zeit. Die Wertschöpfung steigt seit Jahren, die Lohnquote kann damit nicht mithalten, sie sinkt langfristig und ziemlich deutlich, ist aber die Basis für die Kassenbeiträge. Das derzeitige Beitragssystem muss somit automatisch in Turbulenzen geraten. Arbeitsintensive Betriebe, solche mit vielen Mitarbeitern, leisten den Löwenanteil an Beiträgen. Kapitalintensive Betriebe mit wenigen Mitarbeitern kommen billig davon. Es wäre nur logisch, ein historisch gewachsenes Beitragssystem, das auf einem Arbeitsmarkt mit vielen Lohnempfängern basiert, den veränderten Arbeitsmarktverhältnisse anzupassen. Das gäbe mehr Geld für die Krankenkassen und ein gerechteres System innerhalb der Unternehmen.

(DerStandard,Print-Ausgabe,30.1.2002)