Wirtschaft
IBM-Chef Louis V. Gerstner tritt ab
Samuel Palmisano folgt dem erfolgreichen Sanierer an der Spitze des weltgrößten Computerkonzerns nach
Armonk - Der Erfolgsmanager und IBM-Konzernchef Louis V.
Gerstner (59) tritt am 1. März ab und übergibt die Führung des
weltgrößten Computerkonzerns an IBM-Präsidenten Samuel J. Palmisano
(50). Palmisano ist ein IBM-Veteran, der sich seit 1973 vom einfachen
Verkäufer zum Mann Nummer Zwei hochgearbeitet hat. Palmisano war
bisher für die IBM-Tagesgeschäfte zuständig. John M. Thompson (59), der stellvertretende
Verwaltungsratsvorsitzende, geht am 1. September in den Ruhestand. Er
zeichnete für die globale Geschäfts- und Technologiestrategie des
Unternehmens verantwortlich. Palmisano wird seinen Präsidententitel behalten. Gerstner bleibt
bis zum Jahresende 2002 IBM-Verwaltungsratsvorsitzender, teilte IBM
am Dienstagabend mit. Gerstner hat den schwer angeschlagenen Computerriesen nach seinem
Amtsantritt im April 1993 saniert und in ein hoch profitables
Unternehmen umgewandelt. Er tritt jetzt auf dem Höhepunkt seiner
Karriere ab. Gerstner richtete IBM stark auf den
Computer-Dienstleistungsbereich aus. Diese Erfolgsstrategie
versuchten Konkurrenten wie Hewlett-Packard und Compaq Computer
später nachzuahmen.
Palmisano galt bereits als designierter Gerstner-Nachfolger. Er
hatte zuvor mehrere IBM-Betriebssparten geführt, das wichtige
Dienstleistungsgeschäft ausgebaut und IBM im Server-Geschäft wieder
auf Vordermann gebracht.
Sanierer
Gerstner habe IBM aus den finsteren Zeiten herausgeführt und das
Wachstum wieder angekurbelt, erklärte Palmisano. Als Gerstner 1993
die Führung übernahm, hatte IBM einen Verlust von 8,1 Mrd. Dollar
(9,4 Mrd. Euro/129,2 Mrd. S). Microsoft, Intel und die anderen
Computer- und Technologiefirmen nahmen dem verkrusteten und auf sein
Großcomputergeschäft fixierten Konzern die Kunden serienweise ab.
Gerstner, vorher Chef des Zigarettenriesen RJR Nabisco und
Präsident von American Express, griff mit Massenkündigungen und einer
strikten Neuausrichtung des Unternehmens knallhart durch. Die
Produktentwicklung wurde stark beschleunigt.
Er sanierte die Finanzen und machte das
Computer-Dienstleistungsgeschäft zum neuen Wachstumsträger des
Konzerns. Dabei bot IBM seinen Großkunden erstmals auch Produkte
anderer Firmen an, um deren Computerabteilungen zu modernisieren und
sie auch selbst zu betreiben, gegen gute Bezahlung versteht sich.
Großangriff im Server- und Speicherbereich
Gerstner betonte mit dem Kauf der Softwarefirma Lotus für 3 Mrd.
Dollar auch den Softwarebereich, baute die eigene Chipbranche aus und
setzte in letzter Zeit zu einem Großangriff im Server- und im
Speicherbereich auf Konkurrenten wie Sun Microsystems und EMC an. IBM
verkleinerte das verlustbringende PC-Geschäft.
1994 wies IBM bereits wieder einen Gewinn von 3 Mrd. Dollar aus.
Allerdings war das Umsatzwachstum während der Gerstner-Ära relativ
bescheiden. Der Umsatz erhöhte sich von 64 auf 86 Mrd. Dollar. Das
Unternehmen verdiente im vergangenen Jahr 7,7 Mrd. Dollar und
beschäftigt weltweit 320.000 Mitarbeiter. (APA)