Finanzen & Börse
Experten nach US-Zinsentscheid: Zinssenkungszyklus beendet
"USA bald wieder Konjunkturlokomotive"
Wien - Nach der gestrigen Entscheidung der US-Notenbank Fed,
die Leitzinsen unverändert zu lassen, sehen heimische Finanz- und
Volkswirtschaftsexperten nun den Zinssenkungszyklus in den USA für
beendet und das Konjunkturtal als durchschritten an. Die USA werde
wieder die Konjunkturlokomotive für die Weltwirtschaft und auch
Europa und Österreich mitreißen, heißt es. Zuvor hatte die Fed seit
Anfang 2001 elf Mal den wichtigsten Leitzinssatz für Tagesgeld um
insgesamt 4,75 Prozentpunkte auf 1,75 Prozent - den tiefsten Stand
seit 40 Jahren - gesenkt. Das nächste Zinstreffen findet am 19. März
statt. "Die volkswirtschaftlichen Daten während der nächsten Monate
werden eine weitere Stabilisierung der US-Konjunktur bei moderatem
Wachstum zeigen", ist Erste Bank-Experte Rainer Singer überzeugt.
RZB-Experte Valentin Hofstätter erwartet die erste Zinsanhebung in
den USA erst wieder für das Ende des dritten Quartals.
Wieder Konjunkturlokomotive
"Die USA werden, wie in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre,
schon in den nächsten Monaten wieder die Rolle der
Konjunkturlokomotive für die Weltwirtschaft übernehmen", zeigt sich
IHS-Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer überzeugt. Das Wiener
Institut für Höhere Studien (IHS) sieht das Konjunkturtal in den USA
als durchschritten an und rechnet mit einer weiteren Stabilisierung
der US-Konjunktur im ersten Quartal und einem spätestens im zweiten
Quartal einsetzenden Aufschwung.
Die Integration der Weltwirtschaft sei in den vergangenen Jahren
so weit fortgeschritten, dass die Konjunktur in den USA und in Europa
weitgehend synchron verläuft. Daher sieht das IHS auch für Europa,
insbesondere für die stark vom Export abhängige Wirtschaft
Deutschlands, Licht am Ende des Konjunkturtunnels. Auch die
österreichische Konjunktur werde sehr bald ebenfalls Zeichen einer
wirtschaftlichen Belebung zeigen, ist das IHS überzeugt, das
unverändert eine BIP-Wachstumsrate in der Größenordnung von 1,75
Prozent im Jahr 2002 für das wahrscheinlichste Szenario hält.
Risiko Aktienmarkt
Risken für die weitere US-Konjunkturentwicklung sieht das IHS in
der zuletzt wieder drastischen Überbewertung der US-Aktienmärkte, die
selbst bei einer moderaten Erholung der Unternehmensgewinne ein
konjunkturell relevantes Korrekturpotenzial aufwiesen.
Nach der gestrigen Zinsentscheidung sei es auf Grund der
begleitenden positiven Kommentare zur Konjunktur zu einem leichten
Rendite-Anstieg gekommen, berichtet die RZB weiter. Und schon
deutlich vor der ersten Zinsanhebung im Herbst werde der Rentenmarkt
beginnen auf Zinsanhebungen zu spekulieren. Das RZB-Ziel für die
10-jährige Staatsanleiherendite in den USA bleibt bei 5,20 Prozent
für Ende März und 5,50 Prozent für Juni.
Der Euro werde durch die raschere und zumindest in den Anfängen
relativ kräftige Konjunkturerholung in den USA in den kommenden
Monaten aber weiter schwach bleiben und sich seitwärts bewegen.
Aufwärtspotential für den Euro sieht RZB-Experte Hofstätter erst in
der zweiten Jahreshälfte 2002.
Für den Aktienmarkt kämen die jüngsten Konjunkturindikatoren in
Verbindung mit der Haltung der Fed durchaus gelegen. Im Verlauf des
Jahres spreche damit weiterhin alles für zumindest moderate
Kursanstiege. Kurzfristig seien die Aktien aber noch von Sorgen
bezüglich der in einigen Branchen hohen Bewertungen sowie Unbehagen
gegenüber den Bilanzierungsgewohnheiten mancher Unternehmen nach der
Enron-Pleite belastet. Kursrückschläge würde die RZB zum
Positionsaufbau nutzen. (APA)