Literatur
Berlusconis Anwesenheit beim Pariser Buchsalon entfachte Polemik
Drei Verlagsleiter wollen Italiens Minister- Präsidenten nicht empfangen - Gegenstimmen: "Literatur und Politik darf man nicht vermischen"
Paris - Nach der französischen Kulturministerin Catherine
Tasca haben sich nun auch drei Verlagsleiter dagegen ausgesprochen,
den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi beim Pariser
Buchsalon zu empfangen, der Ende März mit Italien als Ehrengastland
stattfindet. "Wir wünschen es nicht, Silvio Berlusconi und seine
Freunde zu empfangen", erklärten Claude Durand und Olivier Betourne,
jeweils Präsident und Vize-Präsident des Verlags Fayard, sowie der
Verleger Christian Bourgois gegenüber der Tageszeitung "Le Monde"."Weder Freundschaft noch Einverständnis für Silvio Berlusconi"
"Das französische Verlagswesen empfindet weder Freundschaft noch
Einverständnis für Silvio Berlusconi und die sogenannte
postfaschistische Komponente seiner Regierung. Herr Berlusconi
begnügt sich nicht damit, mit seiner Mehrheit Gesetze zu
verabschieden, die ihm eine permanente Eigen-Amnestie zusichern, er
ist auch dabei, im italienischen kulturellen und künstlerischen
Milieu eine Säuberungsaktion durchzuführen, die es verdienen würde,
bei uns zumindest die selbe Entrüstung zu erwecken wie einst in
Frankreich ähnliche Operationen in gewissen Gemeinden, die von der
Front National geleitet wurden", schreiben die drei Verleger in einer
gemeinsamen Erklärung.
Kulturministerin Tasca hätte andere Schirmherrschaft begrüßt
Um Berlusconis Anwesenheit bei der Eröffnung des Buchsalons in
Paris war jüngst eine heftige Polemik entfacht, zumal Frankreichs
Kulturministerin Catherine Tasca erklärt hatte, dass sie die
Veranstaltung nicht an der Seite des italienischen Regierungschefs
eröffnen möchte. "Ich bin sehr beunruhigt über die Politik, die er in
seinem Land führt. Ich hätte eine andere Schirmherrschaft für den
Salon bevorzugt", hatte Tasca in einem Radiointerview betont.
Eyrolles: Feundschaft mit den Schriftstellern jenseits der Alpen
Serge Eyrolles, Präsident der
französischen Verleger-Gewerkschaft SNE, hatte sich durchaus dazu bereit
erklärt, den italienischen Regierungschef zu empfangen. "Es ist im
Sinne der Freundschaft und des Einverständnisses, dass wir bereit
sind, die höchsten italienischen Behörden und insbesondere Herrn
Berlusconi zu empfangen", betonte Eyrolles. "Als ich von Freundschaft
und Einverständnis sprach, dachte ich nicht an die italienische
Regierung und auch nicht an Silvio Berlusconi. Nein, ich dachte an
unsere Freunde, nämlich die Schriftsteller jenseits der Alpen",
präzisierte Eyrolles seine Position gegenüber der Tageszeitung "Le
Figaro."
Buchsalon darf keine politische Tribüne werden
Die Meinung, dass man Literatur und Politik nicht vermischen
dürfe, teilen auch weitere französische Verleger. "Ich habe keine
Sympathie für Berlusconi und seine Regierung", betonte etwa Jean-Paul
Bertrand, Chef des Verlags "Editions du Rocher". "Aber das ist nicht
das Problem. Man darf den Buchsalon nicht in eine politische Tribüne
verwandeln." Generaldirektor bei Calmann-Levy-Stock erklärte sich mit den
Kritikern Berlusconis zwar solidarisch, warf aber auch die Frage auf,
ob ein Verleger auf Grund eines persönlichen Empfindens den ganzen
Verlag verpflichten dürfe.
Berlusconi reagiert pikiert
Berlusconi hatte auf die Äußerungen Catherine Tascas erwidert,
dass er die Ministerin bis dahin gar nicht gekannt habe, und dass
dies "auch weiter so bleiben" werde. Der italienische
Kultur-Staatssekretär Vittorio Sgarbi ließ unterdessen wissen, dass
Berlusconi am Tag der Eröffnung des Pariser Buchsalons andersweitig
verpflichtet sei und daher nicht anwesend sein könne. (APA)