Luxemburg/Brüssel - Die bilateralen Luftfahrtabkommen (Open-Sky-Abkommen) von acht EU-Staaten - darunter Österreich - mit den USA sind nicht EU-konform, meint Antonio Tizzano, der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme: "Sie sind als Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht zu werten."

Die Meinung des Generalanwalts bindet das Gericht zwar nicht, nimmt aber im Großteil der Fälle dessen Urteil vorweg. Das EuGH wird nun in einigen Monaten ein Urteil fällen. Die acht von der EU-Kommission beklagten Mitgliedsländer hätten gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen, weil sie eine Nationalitätenklausel in ihre Verträge aufnahmen, die die nationalen Carrier gegenüber anderen EU-Fluglinien bevorzuge, so der Generalanwalt.

Im Zuge der bilateralen Abkommen vereinbaren die jeweils beteiligten Länder für ihre nationalen Fluglinien exklusive Start- und Landerechte. Die Abkommen sind verbindlich und können etwa bei der Übernahme einer Fluglinie durch einen ausländischen Carrier nicht übertragen werden. Daher gelten Open-Sky-Abkommen auch als eines der Hindernisse zur Konsolidierung der internationalen Luftfahrtindustrie.

Gegen Unionsrecht

Weiteres Erkenntnis des Generalanwalts: In Verträgen werde gegen die Vorschriften über die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten verstoßen, indem Bestimmungen über die Flugpreise, die die US-Unternehmen auf den innergemeinschaftlichen Strecken anwenden dürfen, aufgenommen wurden.

Nach Rechtssprechung des EuGH seien die Mitgliedstaaten immer dann, wenn die Gemeinschaft in einem bestimmten Bereich gemeinsame Rechtsnormen erlasse, nicht mehr befugt, mit Drittstaaten Verpflichtungen zu vereinbaren, die diese Normen beeinträchtigten. Daher könnten die Mitgliedstaaten auf den durch gemeinsame Rechtsnormen geregelten Sachgebieten keine völkerrechtlichen Verträge schließen: Jede eigenständige Initiative wäre mit der Einheit des Binnenmarktes unvereinbar.

Die Kommission hatte 1998 mit acht Klagen Großbritannien, Dänemark, Schweden, Finnland, Belgien, Luxemburg, Deutschland sowie Österreich vorgeworfen, dass ihre nationalen und bilateralen Luftverkehrsabkommen mit den USA gemeinschaftswidrig seien. Die Kommission will ein für die ganze EU gültiges Abkommen schließen und erhofft sich davon einen Mehrwert für alle. (APA, Reuters, Der Standard, Printausgabe, 01.02.02))