Wien - Nach Ansicht des bayrischen Ministerpräsidenten und Kanzlerkandidaten für die im Herbst fälligen deutschen Bundestagswahlen, Edmund Stoiber, ist ein kernenergiefreies Europa "fern jeder Realität". In einem Interview im ORF-Morgenjournal erklärte Stoiber am Freitag, er wisse, dass in Österreich eine parteiübergreifende Ablehnung der Atomenergie vorherrsche. Doch in der Frage der Nutzung der Kernenergie bestehe eine unterschiedliche Haltung der CDU/CSU zur ÖVP in Österreich. Der Regierungschef wies darauf hin, dass die Kernenergie "eine CO 2-freie, saubere Energie" sei. Was das tschechische Atomkraftwerk Temelin anbelangt, setzte sich Stoiber dafür ein, dieses nur dann an das Netz zu lassen, wenn alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden sind. Die EU-Osterweiterung nannte Stoiber eine "Wiedervereinigung Europas" und ein "überragendes politisches Ziel". Die Benes-Dekrete (die Grundlage für die Ausweisung der Sudetendeutschen und der Ungarn nach 1945 aus der damaligen Tschechoslowakei) haben Stoiber zufolge "keinen Platz in einem künftigen Europa". Er sprach sich jedoch gegen ein Junktim EU-Beitritt Tschechiens - Aufhebung der Benes-Dekrete aus. Doch trat der bayrische Regierungschef dafür ein, den Tschechen immer wieder deutlich zu machen, dass die Benes-Dekrete nicht den europäischen Werten entsprächen und in dieser Hinsicht auch seitens des Europäischen Parlaments "keine Ruhe zu geben", die Tschechen zu ihrer Aufhebung zu bewegen. Tschechien sei ein europäisches Kernland, doch habe dieses Land mit den Benes-Dekreten "ein schweres Manko" aufzuweisen. (APA)